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Ackermann Architekten

Faultürme für das Klärwerk 1, München Freimann

Ort
Freimann
Gebäudekategorie
Gewerbe und Industrie
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2009
Material Fassade
Metall
Architektenpreis
Anerkennung des Deutschen Stahlbaupreises 2009
Preis für vorbildliche Gewerbebauten 2009
Planungsbeginn 1999, Baubeginn 2003

Die Orte der Entsorgung sind in unseren Kommunen fast immer Orte der kollektiven Verdrängung. In den meisten Städten wurden bei der Errichtung von Kläranlagen Architekten gar nicht erst eingeschaltet.
Klärwerke sind mehr als nur notwendige Übel, sondern Gewerbe- und Industriebetriebe, deren formale Ausformung größter Anstrengungen bedarf. Es hat sich gezeigt, dass der Architekt sich in einem Klärwerk nicht auf das Wegblenden oder Verkleiden unförmiger Baukörper beschränken muss, sondern für die mechanischen und biologischen Arbeitsvorgänge sachlich logische Ordnungen und individuelle architektonische Bauvolumen entwickeln kann.
Mit dem Neubau der Faulbehälteranlage ergab sich die Chance, qualitätsvolle Industriearchitektur und ein selbstbewusstes Zeichen für das Klärwerk München I zu realisieren. Die Aufgabe war nicht leicht, denn das Gelände des Klärwerks ist räumlich begrenzt und durch dessen Einrichtungen weitgehend belegt, so dass für den Neubau nur die nordwestliche Grundstücksecke südlich des Fröttmaninger Berges zur Verfügung stand.
Die vier jeweils 14 500 m³ fassenden neuen Faultürme sind halbkreisförmig um einen zentralen Treppenturm angeordnet. Die betrieblich erforderlichen Einrichtungen der Faulbehälteranlage sind in einem Betriebsgebäude unterirdisch untergebracht. Ein technischer und architektonischer Vorteil zugleich: die technischen Anlagen sind zentral und wirtschaftlich gebündelt und der Raum zwischen den Faulbehältern zugunsten klarer Formen und Transparenz frei.
Die Behälterköpfe sind durch den zentralen Treppenturm mit angeschlossenen Stahlbrücken zu erreichen. Das Betriebsgebäude ist über ein Rampenbauwerk mit dem angrenzenden Betriebsstraßennetz verbunden. Die Faulbehälter haben eine Gesamthöhe von ca. 45 m, davon oberirdisch 31,50 m und einen Durchmesser von ca. 32 m. Die Behälterform setzt sich zusammen aus einem oberen Kegelstumpf und einem unteren Kegel. Der Übergangsbereich wird ausgerundet, so dass sich die Innengeometrie der für die Durchmischung des Faulbehälterinhaltes optimalen Ei-Form annähert.
Konstruktives Material ist Stahl- und Spannbeton mit einer umschließenden Wärmedämmung sowie im oberirdischen Bereich einer kristallin anmutenden Fassade aus gekanteten eloxierten Aluminiumblechen.
Der oberirdisch freistehende Treppenturm ist als zweischalige Stahlkonstruktion konzipiert. Die innere Schale, der Treppenhauskern, wird als Stahlskelett achteckig ausgebildet. Die äußere Schale dient hauptsächlich der Aussteifung des Turmes und somit der Abtragung von Horizontalkräften aus Windbeanspruchung. Auf Höhe der Faulbehälterspitzen ist eine Verteilerebene angeordnet, hier ist der Zugang zu allen vier Verbindungsstegen möglich. Den oberen Abschluss des Treppenturmes bildet die Aussichtsebene mit informativem Ausblick auf das gesamte Klärwerksgelände und die Silhouette Münchens.
Die Brücken zu den Behältern werden ebenfalls als Stahlkonstruktion ausgeführt. Die Längsträger werden dabei zweifach unterspannt. Der Belag besteht aus speziell geformten, den Durchblick in die Tiefe hemmenden Gitterrosten.