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ACMS Architekten

Variowohnen Bochum

Holzhybridbau in Bochum: 258 neue Wohnplätze im Passivhausstandard
© Sigurd Steinprinz, Düsseldorf
© Sigurd Steinprinz, Düsseldorf
Ort
Bochum
Gebäudekategorie
Wohnheime
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2019
Seit mehr als 20 Jahren beschäftigen sich ACMS Architekten aus Wuppertal mit Fragestellungen des klimagerechten und ressourcenschonenden Planens und Bauens sowohl für Neubauten als auch bei der Revitalisierung von Bestandsimmobilien. Bei den zahlreichen, oft im Passivhausstandard realisierten Projekten setzen sie auf vorgefertigte Bauelemente. Durch die Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus spielt der Einsatz von Holz aufgrund seiner CO2-Speicherfähigkeit eine große Rolle.
Durch die in vielfältigen in Forschungsprojekten gewonnenen Erfahrungen wird ein ökologisch und ökonomisch optimierter Ansatz in der Umsetzung von Holz-Hybridkonstruktionen bevorzugt.
  
Vor diesem Hintergrund wurde nun in Bochum ein weiteres Gebäude in elementierter Hybridbauweise mit 258 Wohnplätzen für Studierende und Auszubildende im Passivhausstandard fertiggestellt.

Das Wohnheim entstand mit Unterstützung durch das Förderprogramm „Variowohnen“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit  im Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau, das bezahlbaren Wohnraum für Studierende, Auszubildende, Senioren und Flüchtlinge schaffen soll.

Um das zu erreichen, sollen die Wohnungen nutzungsneutral sein und eine geringe Warmmiete haben. Mit dem Programm möchte die Bundesregierung architektonische, bauliche und technische Innovationen erproben, begleiten und auswerten. Die Reduktion von Baukosten, Bauzeiten und vor allem eine möglichst variable Nachnutzung stehen dabei im Focus. Es soll hochwertiger, attraktiver und langfristig nutzbarer Wohnraum mit engem Budget und minimiertem Flächenbedarf hergestellt werden.

Zur Aufbereitung und Dokumentation der innovativen Ansätze erfolgt eine wissenschaftliche Begleitung und Auswertung der gesamten Planungs- und Bauphase. Hiermit sollen übertragbare Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Im Rahmen des Forschungsprojektes ist eine Zertifizierung der Nachhaltigkeitsaspekte vorzunehmen. Die Planer entschieden sich in Abstimmung mit dem Bauherrn für das System der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen, DGNB. Ausschlaggebend hierfür war der umfassende performanceorientierte Ansatz. Das Gebäude erreicht hierbei den Gold-Standard.

Das Projekt Variowohnen Bochum wurde mit 3,3 Mio. Euro vom Bundesbauministerium, BMUB über das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, BBSR gefördert. Die Höhe der Förderung richtet sich nach dem Innovationspotential, das über ein Punktesystem errechnet wurde. Dieses Projekt erfüllt viele der Förderkriterien und wurde daher vom Fördergeber als herausragendes Modellvorhaben in die höchste Förderstufe eingestuft. Des Weiteren erhielt das Projekt im Rahmen der parallel beantragten Wohnraumförderung des Landes NRW eine Förderzusage in Höhe von 13.6 Mio. Euro mit einem Tilgungsnachlass von 25%.

Mit den in Bochum geplanten Neubauten wird ein ehemaliges Bergbaugelände revitalisiert. Die Architekten entwarfen für das in unmittelbarer Nähe zur Ruhruniversität Bochum gelegene Gelände drei L-förmige Gebäude mit dem Ziel, hierdurch gegenüber der 4-spurigen angrenzenden Straße ruhige und gut besonnte Wohninnenhöfe entstehen zu lassen. Die insgesamt 258 Wohnplätze für Studierende sind in Einzelapartment, Zweier- und Vierer-Wohngemeinschaften organisiert. Neben hausweisen Gemeinschaftsräumen stehen auf jeder Wohnetage zusätzliche Gemeinschaftsräume zur Verfügung. So konnte dem Wunsch der Studierenden nach einerseits hoher Privatheit mit dem Wunsch eines Einzelapartments und der andererseits daraus resultierenden mangelnden sozialen Interaktion begegnet werden. Die hierfür notwendigen Flächen konnten im engen Baubudget durch ein effizientes Erschließungssystem geschaffen werden.

Das gesamte Gebäude wurde als Baukastensystem entwickelt und besteht zu einem großen Teil aus vorgefertigten Elementen. Für den Rohbau setzten die Architekten ein Hybridsystem aus Beton-Fertigteilstützen, flächenbündigen Stahlunterzügen und weit spannenden Spannbetonhohldielen ein. Der Vorteil: Das Gebäude kommt so mit nur wenigen Stützen aus, die Grundrisse können größtenteils ohne tragende Wände geplant werden und das Gebäude bleibt flexibel für spätere Umnutzungen. Das eingesetzte System kann diese Vorteile ohne Mehrkosten zu klassischen Flachdecken erzielen, erfordert jedoch durch den hohen Vorfertigungsgrad einen höheren Planungsaufwand für Durchbrüche und Anschlüsse. Für die Architekten war neben den wirtschaftlichen Vorteilen eines solchen Systems die hohe Flexibilität Ausschlag gebend, um den gegenüber einem Holzbau größeren CO2-Output zu kompensieren.

In den Rohbau wurden als Raummodule vorgefertigte Bäder in Stahlbauweise eingebracht. So kann der Innenausbau deutlich beschleunigt werden und vor allem die Ausführungsqualität der sensiblen Qualitätsanforderungen im Bereich der Eindichtungen sichergestellt werden. Nach den Erfahrungen der Architekten, die auch bei dem vorliegenden Projekt im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung bestätigt wurde, lassen sich bei Stückzahlen ab ca. 100 Einheiten auch Kostenvorteile erzielen.

Die Außenwände wurden als Holztafelwände mit besonders hohem Vorfertigungsgrad konzipiert. Neben den Fenstern und der kompletten Fassadenbekleidung wurden auch die notwendigen Einbauten für die dezentrale Lüftungsanlage bereits werksseitig ausgeführt. Dieser Wandaufbau ist bei geringerer Bauteildicke kostengünstiger als ein vergleichbarer Massivbau und reduziert die CO2-Bilanz erheblich.
Die eingesparte CO2 Menge entspricht dem Ausstoß, der durch die Beheizung der Gebäude mit Gas in 100 Jahren entstehen würde. (Tatsächlich sind die Gebäude an die Fernwärme angeschlossen).
Diese Art der Bauweise wurde durch die Architekten bereits vor über 20 Jahren im Rahmen von Sanierungskonzepten erprobt. Durch den großen Erfahrungsschatz konnte die Detailausbildung so optimiert werden, dass eine gerüstlose und damit kostengünstige Montage ermöglicht wird. Durch den vielfältigen Einsatz der vorgefertigten Elemente konnte die Bauzeit erheblich reduziert werden.


Material Fassade
Vorgefertigte Holztafelelemente
Materialien Fassadenbekleidung: Holz / Aluminium-Fassadentafeln / Faserbeton

Planung

2016-2017

Realisierung
2018-2019

BGF
11.700 m2

Leistungshasen
1-8


Bauherr
AKAFÖ Akademisches Förderungswerk, Anstalt des öffentlichen Rechts, Bochum

Architektur

ACMS Architekten GmbH, Wuppertal

Projektsteuerung

PSR Reiter und Reiter GbR, Bochum

Landschaftsarchitektur

wbp Landschaftsarchitekten GmbH, Bochum

Farbberatung
Prof. Friedrich Schmuck, Dinslaken

Tragwerksplanung
Bild + Partner Beratende Ingenieure, Hagen

TGA-Planung
Wortmann & Wember GmbH, Bochum

Elektroplanung
Hatting & Kuhlmann TGA GmbH & Co, Recklinghausen

Holzbau
Rubner Holzbau GmbH, Augsburg

Fotografie
Sigurd Steinprinz, Düsseldorf