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ACMS Architekten

CampusRO, Rosenheim

250 neue Wohnplätze im KfW-Effizienzhaus 40 Plus Standard
Sigurd Steinprinz, Düsseldorf
Sigurd Steinprinz, Düsseldorf
Ort
Rosenheim
Gebäudekategorie
Wohnheime
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2022
Material Fassade
Holz
Auf einer ca. 1,4 Hektar großen Gewerbefläche wurde eine vorhandene Nutzung eines metallverarbeitenden Betriebes aufgegeben. Das Areal in unmittelbarer Nähe zur Hochschule, muss mangels stadträumlicher Bezüge seine Qualitäten aus sich selbst heraus entwickeln. Durch die bauliche Ausprägung wurden zahlreiche Kommunikationsmöglichkeiten geschaffen. Die Besonderheit der offenen Erschließung führt die gemeinschaftlichen begrünten Treffpunkte in die dritte Dimension fort.

Weitere Funktionsbausteine, von Lernräumen bis zu gemeinschaftlich nutzbaren Multifunktionsräumen ermöglichen vielfältige Begegnungen. Ein im 6. Obergeschoß mit Blick auf die Bergwelt angesiedeltes Café mit Dachterrasse wird zum Anziehungspunkt. Der Entwurf umfasst den Neubau von 211 Apartments für Studierende sowie einem Boardinghaus mit 40 weiteren Apartments. Die Wärmeversorgung erfolgt über die Fernwärme der Stadt Rosenheim.

Neue partnerschaftliche Kooperationen:
Zur Erreichung höchster Nachhaltigkeitsanforderungen müssen Zielkonflikte zwischen den unterschiedlichen Säulen der Nachhaltigkeit verhandelt werden. Die mit einem Zwischenstand der Erfüllung von über 80% avisierte Zielvorstellung einer DGNB Zertifizierung im Platin-Standard erforderte eine besonders enge Zusammenarbeit aller Planungsbeteiligten.

Vor allem bei flächensparenden Grundrisskonzeptionen ist die frühzeitige Integration der TGA eine besondere Herausforderung. Auch die angestrebten, sehr hohen Energiestandards eines KfW 40 plus Hauses auf Basis des Passivhausstandards führten zu weiteren Schnittstellenfragen. Durch den partnerschaftlichen Ansatz des Bauherrn wurden die maßgeblichen ausführenden Unternehmen bereits in der Planungsphase fest in den Entwicklungsprozess eingebunden. So konnten neben vorgefertigten Sanitäreinheiten in einer Kooperation von Rohbau und Holzbauunternehmen eine hybride Gebäudestruktur mit tragenden Holzwänden und Holz-Beton-Verbunddecken entwickelt werden.

Die wesentlichen Fragen von Wärmebrückenfreiheit und hoher Luftdichtheit konnten zwischen Architektur, Tragwerksplanung, TGA-Planung und ausführenden Unternehmen optimiert werden. Vor allem die Abstimmung der Bauabläufe der unterschiedlichen vorgefertigten Module (von elementierten Holz-Beton-Verbunddecken, komplett incl. Fassade und Fenster vorgefertigten, teils tragenden Außenwänden mit integrierten Lüftungsbausteinen sowie die Ergänzung um die parallel installierten vorgefertigten Badelemente) erforderte eine intensive Beschäftigung mit Fügetechniken und der Baulogistik. Die erarbeiteten digitalen Modelle dienten dabei auch für den hochgradig digitalisierten Betrieb des Gebäudes. Frühzeitig wurde das digitale Betreibermodell in die Elektroplanung integriert. Die energetische Performance des Gebäudes mit einer über 70%igen Eigenstromversorgung durch PV-Elemente ist für alle einsehbar. Hierbei wurde die Flächenkonkurrenz der attraktiven Dachflächen (Terrasse, Regenwasserspeicher, Photovoltaik) bereits in der Konzeptphase durch Rechenmodelle geprüft und in Abstimmung mit dem ebenso frühzeitig eingeschalteten DGNB-Auditor rückgekoppelt.

So konnte dieses Projekt nur mit Hilfe eines zuvor erstellten BIM Modells und der Erweiterung des kooperativen Planungsteams direkt um die ausführenden Unternehmen und deren Kompetenz zur Bauausführung realisiert werden. Der integrale Planungsansatz wird somit hier um eine weitere Dimension im Hinblick auf neue partnerschaftliche Modelle mit der Ausführungsseite gekoppelt. Durch die ständige Begleitung des DGNB Auditors konnten die jeweils unterschiedlichen Planungsvarianten monetär, wie auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeitszertifizierung optimiert werden.

Bei der Betrachtung über den gesamten Lebenszyklus spielt der Einsatz von Holz aufgrund seiner CO2-Speicherfähigkeit eine große Rolle. Darüber hinaus trägt der Baustoff durch eine werkseitige Vorfertigung der Holztafelelemente zur Bauzeitverkürzung bei. Im Vergleich zu einer Massivbauweise konnten rund 1.250 Tonnen CO2 eingespart werden. Über einen Betrachtungszeitraum von 50 Jahren spart das Projekt im Vergleich zu einem Referenzgebäude in herkömmlicher Bauweise sogar 6.350 Tonnen CO2 ein. Das Holz stammt aus bayerischen Wäldern. Die PEFC-Zertifizierung garantiert eine nachhaltige Waldbewirtschaftung. 100% der geprüften und geeigneten Altmasse einer ehemaligen Lagerhalle, die zuvor auf dem Grundstück stand wurde wiederverwendet. Der Abtransport des Abbruchmaterials und die Produktion von neuen Baustoffen fallen weg. Eine auf den Dächern installierte Photovoltaik-Anlage mit Batterie-Speicher sorgt für eine über 70%ige Eigenstromversorgung.

Die Flächen waren zuvor zu 100 % versiegelt. Auf dem Grundstück entstanden nun zahlreiche, kühlende Grünflächen mit Rasen, Bäumen und Sträuchern. Außerdem wurden Bienennährstauden und Nistkästen für Vögel geplant. Regenwasser wird über begrünte Dachflächen, begrünte Hofbereiche aber auch über unterirdische Rigolen mit Versickerungsmöglichkeit möglichst lange auf dem Grundstück gehalten.

Bauherr: CampusRO Projektentwicklungs GmbH & Co. KG, Pullach i. Isartal
Architekten: ACMS Architekten GmbH, Wuppertal
Statik Holzbau, Bauakustik und Brandschutz: Pirmin Jung Deutschland GmbH, Augsburg
Statik Massivbau und Architektur ab LP 6: Guggenbichler + Wagenstaller GbR, Rosenheim
Bauphysik Wärmeschutz: LEICHTphysics GmbH, Bad Aibling
Heizung-Lüftung-Sanitär: Ingenieurbüro Lackenbauer GmbH, Traunstein
Elektro: pgt Planungsgruppe Technik GmbH & Co. KG, Traunstein
Landschaftsarchitektur LP 1-4: studio grüngrau Landschaftsarchitektur GmbH, Düsseldorf
Landschaftsarchitektur ab LP 5: Landschaftsarchitektur Stiegler, Rosenheim
DGNB-Zertifizierung: MNP Ingenieure GmbH, Lübeck
BIM Koordination: ODE - office for digital engineering, Wien
Holzbau: Huber & Sohn GmbH & Co. KG, Eiselfing