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ANP

Bürogebäude ANP

Ort
Kassel
Gebäudekategorie
Büros, Banken
Bauvorhaben
Neubau
Material Fassade
Putz
'Lärmschutz durch Städtebau'
Die ICE Trasse und eine parallel geführte neue, hochbelastete Schnellstraße, die beidseitig tunnelartig von häßlichen Lärmschutzwänden begleitet wird, ließ schlecht geschnittene Restgrundstücke im Übergang zu einem eher dörflich strukturierten Wohngebiet in Kassel entstehen. Die Stadt Kassel hat diese Grundstücke für Einfamilienhäuser auf dem Markt angeboten.
Lärmschutzwände sind uns ein Dorn im Auge. Sie sind 'antiurban' und - wie Papier- und Glascontainer - zwar auf die Lösung eines ernst zu nehmenden Problems, jedoch isoliert ausgerichtet, so dass andere ebenfalls wichtige Interessen nicht nur vernachlässigt, sondern erheblich beeinträchtigt werden.
Das spitzwinklig auf eine Straßenkreuzung ausgerichtete, rückwärtig von einem Wendehammer eingeschnittene, in zwei Richtungen leicht hangige Grundstück bot uns die Chance zu zeigen, welche städtebaulichen Möglichkeiten durch standort-adäquate Nutzung und Architektur auch in schwierigen Grundstücken schlummern und wie diese zu einer Aufwertung der Gesamtsituation auf Dauer beitragen können.
Das rückwärtig 3-, zur Schnellstraße 2-geschossige, 8 m breite Haus für unser eigenes Architektur- und Planungsbüro ersetzt auf einer Länge von 42 m die Lärmschutzwand und schirmt das rückwärtige Wohngebiet optimal von den Belastungen der Straße und Bahn ab. Im Inneren reagiert die Nutzungszonierung auf die Situation: Die Nebenräume sind dem Lärm ausgesetzt und erhalten nur schmale Fensterschlitze, der Arbeitsbereich öffnet sich mit großzügigen Fenstern zum ruhigen Quartier. Ein großer 'Durchguck' zwischen schneller Technikwelt und idyllischem Wohnquatier gibt dem Haus das dem Städtebau als Tribut geschuldete Gesicht.
Die Gebäudekonstruktion besteht aus Stahlbetonstützen, Spannbeton-Fertigdecken und Ausmauerungen mit Hochlochziegeln. Das Dach ist extensiv begrünt, die Außenhaut mit einem mineralischen Putz versehen, die Fenster sind aus Holz, der 'Durchguck' ist eine 'Pfosten-Riegel-Konstruktion' aus Stahl.
Das ausbauunabhängige Tragwerk erlaubt ein großzügiges Raumkontinuum, das auf unterschiedliche Anforderungen reagieren kann. Das Haus ist in bis zu 4 unabhängige Einheiten teilbar, ein Aufzug kann nachgerüstet werden.
Die klare, kräftige Architektursprache ,unterstützt durch eine entsprechende Freiraumplanung, ist nach unserer Meinung die richtige Antwort auf die städtebauliche Situation. Die dunklelgraue Putzhaut veträgt die Emissionen der vorbeiflitzenden Autos, die herausgeschobene rote Kiste, die sich auch im Inneren abbildet, ergänzt zur Strenge des Gebäudes die notwendige Heiterkeit.


Das Bürohaus Hessenallee stellt als Ganzes einen Beitrag zur Bewältigung eines Umweltproblems dar, das üblicherweise isoliert, ohne ästhetische und gestalterische Verantwortung gegnüber der Umwelt, gelöst wird.
Ziel war es mit möglichst geringem technischem Aufwand ökologische Belange ganzheitlich zu berücksichtigen.

- Natürliche Belichtung und Belüftung aller Räume, Nebenzonen und Verkehrsflächen

- außerordentliche Fassadendämmung (statt üblicherweise 0,12 WDV 0,20 WDV)

- Verglasung 1,1 W/m²K; Schallschutzverglasung;

- gasgefeuerter Brennwertkessel

- Niedrigenergiehaus-Standard (bei 750 m² NF 8
33,3 KW Brennwertkessel, entspricht etwa 45 W/m²/a)

- Dachbegrünung.