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Baumschlager Eberle Architekten

Ein neuer Stadtteil in Prag

Campus der Tschechischen Sparkasse
Baumschlager Eberle Architekten
Baumschlager Eberle Architekten
Ort
Prag
Gebäudekategorie
Büros, Banken
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2025
Material Fassade
Mauerwerk
Die Immobilie
Ähnlich anderen europäischen Hauptstädten werden zentrale Bahnhofareale für eine intensive Immobilienentwicklung genutzt. Im Stadtteil Smíchov, Prags 5. Bezirk, nördlich der Moldau gelegen, findet unter dem Projekttitel „Smíchov Süd“ die Bebauung mit Wohn- und Büronutzung auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbereiches des örtlichen Bahnhofes statt.

Im Zuge dieser Entwicklung konnten kürzlich Baumschlager Eberle Architekten, konkret das Büro in Lustenau und das Prager Partnerbüro Pavel Hnilička, mit dem tschechischen Projektentwickler Sekyra Group einen Vertrag über die Generalplanung des neuen Hauptquartiers der Česká spořitelna (Tschechische Sparkasse) und die Masterplanung für das gesamte „Smíchov Süd“ abschließen. Die Sekyra Group wird das Areal bis zur Baugenehmigung entwickeln und dann an die Česká spořitelna verkaufen.

Die künftige Zentrale der Tochter der österreichischen Erste Bank, zusammengefasst im Projekttitel „Campus Česká spořitelna“ wird 4 Baukörper mit 75.000 m² oberirdisch und 48.000 m² unterirdisch Bruttogrundfläche umfassen. Der zunächst als sehr hoch erscheinende Anteil der unterirdischen Flächen ist der Topografie des Ortes geschuldet. Das von West nach Ost abfallende Gelände mit seiner Hanglage ebenso wie die unterschiedlichen Nutzungen bedingen diese Flächenverteilung. Neben den oberirdischen Büros werden am Campus „Česká spořitelna“ 900 Tiefgaragenplätze, ein Auditorium und extern vermietbare Lagerflächen unterirdisch realisiert. Auch 2.500 m² Flächen für den Einzelhandel sind am Campus vorgesehen. Die Büroflächen selbst werden von Baumschlager Eberle Architekten im höchsten Maß nutzungsneutral und flexibel geplant. Das hat mit den sich ständig ändernden Arbeitswelten zu tun, außerdem möchte sich die Bank die Option offenhalten, zu einem späteren Zeitpunkt einige Flächen gegebenenfalls weiter zu vermieten.

Als Zeitziel für die Fertigstellung des Campus „Česká spořitelna“ ist das Jahr 2025 vorgesehen – zum 200. Geburtstag der Bank. Ergänzend zum Bank-Quartier umfasst die Masterplanung von Baumschlager Eberle Architekten das gesamte Areal für „Smíchov Süd“ mit seinen zwei weiteren Bürogebäuden und einem Hotel unmittelbar vor dem Bahnhof von Smíchov.

Der Städtebau
„Smíchov Süd“ ist weit mehr als ein abgeriegeltes Dienstleistungszentrum. Hier soll mit Blick auf die Moldau ein neuer Stadtteil mit urbanem Charakter entstehen. Als urban im europäischen Sinn verstehen Baumschlager Eberle Architekten ein funktionierendes Netzwerk aus gemischt genutzten Gebäuden, differenziertem öffentlichem Raum und entsprechendem Grünanteil. Kernstück des Quartiers ist ein von Norden nach Süden verlaufender Boulevard, der den alten Teil des Prager Bezirkes mit dem Bahnhof verbindet. Dieser großzügige, autofreie Raum verläuft nicht simpel axial, sondern öffnet und verengt sich, sodass Plätze und unterschiedliche Blickperspektiven entstehen können. Es bilden sich Orte der Ruhe und der Bewegung. Sie werden teilweise von auskragenden Gebäuden überdacht oder als Arkaden formuliert, sodass eine wichtige Zone zwischen dem öffentlichen Raum und den Gebäuden entsteht. Ebenso maßgeblich für eine urbane Atmosphäre ist die Verknüpfung der Nutzungen in den Bauten selbst. Dienstleister, Geschäftslokale und Restaurant machen erst das Flair einer Stadt aus. Hier in „Smíchov Süd“ und im Besonderen auf dem Campus wird dafür gesorgt, dass ausreichend Platz diesem wertvollen Wirtschaftszweig geboten wird. Auch von Seiten der Tschechischen Sparkasse wurde Wert daraufgelegt, eine größtmögliche Öffnung Erdgeschoßzonen zu erreichen, um ihrem Ruf als kundennahes Geldinstitut gerecht zu werden.

Die Bürogebäude am Campus öffnen sich alle U-förmig nach Osten hin. Auf diese Weise wird der Lichteinfall in den Computer-Arbeitswelten auf ein vernünftiges Maß zurückgenommen. Außerdem bietet diese Orientierung einen wunderschönen Ausblick über die Moldau hinweg auf den gegenüber liegenden Vyšehrad, einem der besonders frühen Burganlagen Böhmens.
Neben den Gebäuden und dem öffentlichen Raum ist die intensive Begrünung des neuen Quartiers maßgeblich. Alle Dachflächen erhalten florale Oberflächen unterschiedlicher Intensität, wobei die Stärke der Erdtiefen von 30 bis 170 Metern reicht. Am Boulevard selbst werden Bäume gepflanzt, die den Straßenraum begleiten oder Inseln auf den Plätzen bilden. So oder so, sie sind auf jeden Fall ein nützlicher wie angenehmer „Grünfilter“ zwischen den Fassaden des Quartiers. Ziel der Begrünung ist es, annähernd den Verlust an natürlichem Boden auszugleichen.

Die Architektur
Die Campus-Häuser von Baumschlager Eberle Architekten sind im hohen Maß nutzungsneutral und damit flexibel einzurichten. Auf diese Weise wird eine langfristige und damit nachhaltige Verwendung der Bauten gewährleistet. Konstruktiv betrachtet werden daher von den tragenden Fassaden über eine Stützenreihe hin zu den Erschließungskernen die Büroflächen aufgespannt. Auf diese Weise können die Flächen ohne besonderen baulichen Aufwand den wechselnden Nutzungen angepasst werden. Die Arbeitsplätze sind alle an den Fassaden positioniert, was dem Wohlbefinden der Mitarbeiter*innen sicherlich guttut. Die Servicebereiche befinden sich in der Kernzone der jeweiligen Etagen. Für die Fassaden wurde ein System entwickelt, das ebenso variabel wie einfach auszuführen ist. Rechteckige oder dreieckige Wandscheiben rahmen hoch- und querformatige Fenster. Dieses Rahmenwerk und die unterschiedlichen Fensterproportionen lassen sich punktgenau der jeweiligen topografischen und belichtungstechnischen Situation der Gebäude anpassen. Für die Mitarbeit*innen und Passanten im Quartier bietet diese Gliederung außerdem das Erlebnis sich ändernder Fassaden im Stadtraum. Die Differenzierung der Stirnseiten lässt also keine Monotonie aufkommen und steht damit - wie auch das urbane Konzept - ganz in der Tradition europäischer Städte.