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Baumschlager Eberle Architekten

Neues Stadteil-Zentrum mit Auszeichnung

Quartier am Rathauspark in Berlin erhielt DGNB-Zertifikat
Ulrich Schwarz
Ulrich Schwarz
Ort
Berlin
Gebäudekategorie
Bürohochhäuser
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2021
Material Fassade
Naturstein
Aktuell: Bezahlbarer Wohnraum, Geschäfte und Büros, Grünraum und klimaschonende Energieversorgung – das neue „Quartier am Rathauspark“ in Berlin-Lichtenberg bietet bei hoher Flächeneffizienz ein breites Angebot von Ge- brauchsmöglichkeiten, das sich am zeitgemäßen Stand von Technik und Architektur orientiert. Baumschlager Eberle Architekten konnten nach einem Wettbewerb mit insgesamt sechs Gebäuden einen markanten Teil des zwei Hektar großen Planungsgebietes an der Kreuzung der beiden Magistralen Möllendorffstraße und Frankfurter Allee entwerfen. Diese Schnittstelle prägt nun ein 64 Meter hoher Büroturm, der von einer offenen Blockrandverbauung mit Arbeitsstätten und Geschäften begleitet, den baulichen Rahmen für den neuen Stefan-Heym-Platz schafft.

Für den Büroteil (insgesamt 13.650 m²) erhielt kürzlich unser Bauherr, die HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH, das „DGNB Zertifikat in Platin für nachhaltige Büro- und Verwaltungsgebäude“ der Deutschen Gesellschaft für Nach-haltiges Bauen. Das Besondere an diesem höchstrangigen DGNB Zertifikat ist der Fragenkomplex zu den Leistungen. Nicht nur die üblichen ökologischen Eigenschaften mussten mit Zahlen belegt werden, auch die ökonomischen, sozialkulturellen, prozessualen und technischen Qualitäten wurden abgefragt.
„Das DGNB Zertifikat in Platin ist der beste Beleg dafür, dass die HOWOGE bei ihrem Neubau höchste Nachhaltigkeitsforderungen auf ganzheitliche Weise berücksichtigt hat“, sagt DGNB Präsidiumsmitglied Prof. Alexander Rudolphi. „Es ist ein gutes Beispiel für eine gelungene Nachverdichtung im städtischen Raum.“

Die Ökobilanz der Gebäude am Stefan-Heym-Platz werden unter dem Aspekt ihrer Lebenszyklen betrachtet, Herstellung, Betrieb sowie Wiederverwertung der Bauten, ebenso wie das Energiekonzept wurden untersucht. Ebenso wurde die Baustoff-Qualität analysiert. Zum Einsatz kamen regionale Produkte und verantwortungsvoll gewonnene Materialien wie etwa Holz.
Für den Bereich Soziales waren vor allem die barrierefreie und damit soziale Diversität in der Nutzung ausschlag-gebend. Außerdem ist die Grundrissgestaltung – wie bei Baumschlager Eberle Architekten üblich – sehr flexibel ausgelegt, um den wirtschaftlichen wie ökologischen Aufwand für Nutzungsänderungen gering zu halten. Die Wirtschaftlichkeit des Gebäudes entspricht hinsichtlich des gesamten Lebenszyklus höchsten Ansprüchen. Die Planungs- und Bauprozesse wurden effizient und entsprechend der Nachhaltigkeitsanforderungen umgesetzt.
Das Quartier: Eine lebendige Stadt braucht die Überlagerung von unterschiedlichen Funktionen und ihrer Bot-schaften. Das gemischt genutzte „Quartier am Rathauspark“ als Planungsvorgabe musste von Baumschlager Eberle Architekten mit der Realität vielbefahrener Durchzugsstraßen und dem vorhandenen Grünraum in Einklang gebracht werden. Daher wurde das Hochhaus samt Seitentrakten mit Büro- und Gewerbenutzung an der Kreuzung Möllen-dorffstraße / Frankfurter Alle positioniert, um die Wohnbereiche und den Grünraum vor Emissionen abzuschirmen. Der 18-stöckige Turm und die gestaffelten Seitentrakte umschließen mit präzisen Kanten den neuen Stefan-Heym-Platz, der mit seinem restaurierten Fischer-Brunnen einen angemessenen Auftakt für das Quartier bildet. Platz und Turm schließen eine Lücke im Straßenraum. Sie rhythmisieren seinen Verlauf, wie sie auch zur Adressbildung des Quartiers beitragen. Diese Aufwertung durch Architektur findet ihr Äquivalent in der Nutzung. Die Erdgeschoßzone am Stefan-Heym-Platz bietet Platz für Lokale und Geschäfte, sodass hier eine neue Lebendigkeit des Urbanen entsteht, die sich im Inneren des Quartiers mit seinen 251 Wohnungen und der KITA konsequent fortsetzt.

Die Anlage folgt der Berliner Architektur-Tradition mit ihren Höfen, die den Grünraum umfassen. So vollendet ein Wohnbau die Hofanlage, wie sie von den Bürotrakten schon angedeutet wurden. Ebenfalls begrenzen zwei weitere Wohngebäude den nachfolgenden Hof, sodass insgesamt ein durchgehender Grünraum entsteht, der vorrangig fußläufig begehbar ist. Die „autofreie Stadt“ hat hier in Berlin ihre reale Umsetzung im überschaubaren Maßstab gefunden. Die Qualität der Wohnungen selbst übertrifft das heute gängige Niveau. Die meisten Quartierswohnun-gen sind durchgesteckt – reichen also von Fassade zu Fassade – oder werden über Eck‘ positioniert. Auf diese Weise wird die Wohnatmosphäre gesteigert. Ein Gefühl der räumlichen Weite stellt sich ein, weil es ein breiteres Spektrum an Wahrnehmungsperspektiven gibt als in Wohnungen, die nur nach einer Fassadenseite hin orientiert sind. Gespart im positiven Sinn wurde in den Wohnbauten bei den Erschließungsflächen, weil sie sehr effizient angelegt sind. Sehr repräsentativ zeigt sich die Anlage gegenüber der Stadt.

Die dem öffentlichen Raum zugewandten Fassaden bestehen aus hellem Kalkstein. Sie beruhen auf ihren elementaren Prinzipien des Statischen, Plastischen und des Authentischen, sodass eine Harmonie entsteht, die von Bewohner*innen und Passant*innen wahrgenommen und erlebt werden kann.
„Die Werthaltigkeit der Fassaden setzt einen Maßstab für den weiteren Ausbau der Frankfurter Allee weit über unser Projekt hinaus“, erklärt dazu Gerd Jäger, Gesellschafter und Geschäftsführer des Berliner Büros, das für die Planung verantwortlich zeichnete.