Zurück zum Profil
Bob Gysin Partner | BGP Architekten

Fehlmann-Areal II, Winterthur

Weiterbauen mit Photovoltaik
Roger Frei, Zürich
Roger Frei, Zürich
Ort
Winterthur
Gebäudekategorie
Wohn-, Geschäftshäuser
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2020
Material Fassade
Glas
2010 realisierte BGP auf dem Fehlmann-Areal sechs pavillonartige Wohnbauten, die den Wunsch nach Wohnen im Grünen und Wohnen in der Stadt in Einklang bringen. Die beiden neuen Gebäude, die seit August 2020 die Arealüberbauung vervollständigen, knüpfen städtebaulich und gestalterisch an den Bestand an. Von weitem sind sie nicht von den älteren Bauten zu unterscheiden. Wer genauer hinsieht, erkennt jedoch je nach Sonneneinfall, dass heute stromproduzierende PV-Module statt schwarz emaillierte Glaspaneele die Bauten säumen.

FÜR VIELE STATT FÜR WENIGE | Das städtebauliche Konzept
Das Konzept des Gesamtareals basiert auf einem modularen Prinzip, das aus drei verschiedenen Gebäudetypen unterschiedlicher Grösse besteht. Die punktförmigen Typen unterscheiden sich in der Grösse ihres Fussabdrucks und in ihrer Silhouette, um differenziert auf die unterschiedlichen Höhen und Volumina der Gebäude in den drei angrenzenden Strassen und der Fehlmann-Villa zu reagieren.

Der akzentuierte Sockel der schwarzen Kuben markiert die Schnittstelle zwischen Gebäude und Park, zwischen privat und kollektiv. Das Konzept kommt ohne Privatgärten oder grosszügige Zugänge von den Erdgeschosswohnungen in den Aussenraum aus. Für gemeinschaftliche Aktivitäten steht den Bewohner*innen der historische Gartenpavillon zusammen mit dem angrenzenden Freibereich zur Verfügung.

Das Projekt schafft im städtischen Raum von Winterthur bezahlbaren Wohnraum und weist eine dem Umfeld angemessene Dichte und Massstäblichkeit auf. Gleichzeitig legt es einen respektvollen Umgang mit der benachbarten, denkmalgeschützten Villa zu Tage und macht das Fehlmann-Familienanwesen als Park der Öffentlichkeit zugänglich.

SPIEGELUNGEN IM PARK | Das architektonische Konzept
Beinahe alle der 14 neuen Mietwohnungen öffnen sich auf drei Seiten zum Aussenraum und vermitteln der Bewohnerschaft das Gefühl, im Grünen zu wohnen. Die Grundrisse reagieren von Geschoss zu Geschoss spezifisch auf die gebaute und gewachsene Umgebung, so dass der jahres- und tageszeitliche Wechsel der Atmosphäre im Park den Charakter der Wohnungen prägt.
Wie die Bauten aus der ersten Etappe basieren die neuen Gebäude auf einem einfachen strukturellen Grundprinzip mit einem zentralen Treppenhaus. Der Wohnungsmix reicht von 2,5-Zimmer-Wohnungen mit 72 m² bis hin zu 100 m² grossen 4,5-Zimmer-Wohnungen.

Die Fenster sind geschossweise versetzt angeordnet, um eine subtile Variation in der Fassade zu generieren. Das Spiel zwischen den transparenten und den tiefschwarzen PV-Glaselementen lässt die Häuser immateriell erscheinen und zeitweise fast im Parkraum verschwinden.

ÄSTHETISCHES POTENTIAL | Die solare Fassade
Die Fassade übernimmt eine Vielzahl von Aufgaben: Schutz, Klimaregulierung, Repräsentation, Identifikation. Es war ein zentrales Anliegen, dass die Produktion von elektrischer Energie als zusätzliche Eigenschaft hinzukommt und einen beinahe nahtlosen Anschluss an die Bestandsbauten zulässt, ohne die städtebaulichen und architektonischen Qualitäten der Überbauung zu mindern.

Für den studienhaften Einsatz von Photovoltaikelementen fanden die Bauherrschaft und BGP ideale Voraussetzungen vor: Eine vorteilhafte Lage, trotz Baumbestand wenig Verschattung aus der Nachbarschaft und Bestandsbauten mit schwarz glänzenden Fassaden. Nichtsdestotrotz mussten Leistung, Kosten, die Platzierung der Elemente und die Gestaltung genau untereinander austariert werden. Auch ist die solare Stromproduktion Teil eines ganzheitlichen Energiekonzepts, das passive und aktive Massnahmen kombiniert.

Im Vorfeld massen die Elektroingenieure während einer Woche den Strombedarf in den bestehenden Häusern der Siedlung. Weil diese hauptsächlich aus Wohnungen besteht, ist der Bedarf wie erwartet am Morgen und am Abend am grössten. In der Fassade platzierte, vertikale PV-Module können diese morgend- und abendlichen Spitzen besser abdecken und produzieren im Tages- sowie im Jahresverlauf gleichmässiger als eine PV-Anlage auf dem Dach.

Um den Eigenverbrauch zu erhöhen, wurde die PV-Fassade mit einer Dachanlage kombiniert. Zusätzlich gibt es Ladestationen für Elektroautos und -velos und einen Anschluss für den späteren Einbau eines Speichers.