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Eller + Eller Architekten

Deutsches Historisches Museum, Berlin 1996-2003

Gebäudekategorie
Museen, Galerien
Jahr der Fertigstellung
2003
In Zusammenarbeit mit I. M. Pei Architect, New York 

Nach dem Fall der Mauer und der Zusammenlegung des Ostberliner ‚Museum der Deutschen Geschichte‘, mit dem ‚Deutschen Historischen Museum’ des Westens wurde für das erste gesamtdeutsche Kulturprojekt ein neuer Standort notwendig: Als Sitz der Dauerausstellung wurde das historische Zeughaus in Berlins Mitte festgelegt, und ein Neubau für Wechselausstellungen auf einem angrenzenden Grundstück bald beschlossen. 

Das zur Verfügung stehende, nur 2000 m2 große Grundstück hat einen nahezu dreiecksförmigen Zuschnitt: Im Süden grenzt die Gasse ‚Hinter dem Zeughaus’ an, im Osten, in Nord/Südrichtung verlaufend, die Mollergasse. Um die Sichtbezüge dieser historisch bedeutsamen Gassen beizubehalten, sind Alt- und Neubau ausschließlich unterirdisch verbunden. So wird ein öffentlicher Durchgang zwischen beiden Museumteilen beibehalten, der, durch eine geschwungene Glasfassade aufgeweitet, den Sichtbezug zum Berliner Dom und dem Fernsehturm schafft. Aus dieser Fassade entwickelt sich der markante Treppenturm, an den der Haupteingang anschließt.

Auch über das Zeughaus ist der Zugang möglich: Vom ca. 40 x 40 m großen Innenhof, der mit einem Glasdach stützenlos überspannt wird, erreicht man den unterirdischen Verbindungsgang, der als zweigeschossiger Raum in den Nordflügel des Zeughauses einschneidet. Dieser führt in die großzügige Glashalle des Neubaus, die verschiedene Funktionsbereiche anschließt: den weitgehend geschlossenen, natursteinverkleideten Ausstellungsbereich - im Grundriss wie ein Tortenstück abzulesen - und das ebenfalls mit Naturstein verkleidete Werkstattgebäude, das an das bestehende Verwaltungsgebäude des DHM angrenzt. Die Verbindung beider Bauteile erfolgt über mehrere Brücken und Ebenen, die als Foyerflächen für Sondernutzungen zur Verfügung stehen.

Diese Lichtdurchflutete Glashalle gibt im Innenraum die Durchsicht auf die bisher vernachlässigte rückwärtige Fassade des Zeughauses frei, während von außen alle Museumsabläufe wie durch Schaufenster präsentiert werden.
Die Ausstellungsflächen sind aufgrund der begrenzten Grundstücksgröße auf insgesamt vier Geschosse verteilt. Jede dieser Ebenen ist in der großzügigen Halle über eine eigene, repräsentative Treppe zu erreichen. Damit wird der Besucher verführt auch bis in das oberste Geschoss vorzudringen und sich, unbewusst, immer wieder neuen Perspektiven auszusetzen.
Besonders auffallend ist die Verbindung vom 1. zum 2. Obergeschoss, wo sich aus dem Glasvolumen der Halle eine weit auskragende, flach ansteigende, ebenfalls verglaste Wendeltreppe hinauslehnt, bei deren Begehen man unwillkürlich den Blick auf den einzigartigen baulichen Kontext (Neue Wache mit Kastanienwäldchen und Zeughaus) schweifen lässt. Im Erdgeschoss weitet sich darunter eine kreisförmige Wartezone auf.
Von außen entwickelt sich diese Treppenskulptur aus der gekrümmten Glasfassade heraus und schiebt sich hinter der Masse des Zeughauses hervor - so  wird sie bereits von ‚Unter den Linden’ erkennbar. Zwischen dieser Fassade und einer mit Naturstein verkleideten, gebogenen Wand (dem ‚Tortenrand’ des Ausstellungsgebäudes) wird man zur gläsernen Drehtür, dem direkten Zugang des Neubaus, hingeführt.
 
Die Wände der geschlossenen Baukörper, die in die Glashalle reichen, sind vollständig mit einem hellen, beigefarbenen Kalkstein aus Frankreich verkleidet, der sehr präzise verarbeitet ist.
Alle Platten der Natursteinwände sind geschlossen verfugt, wodurch die Bauteile sehr monolithisch wirken. Dieser Charakter wird weiter dadurch verstärkt, dass alle Ecken und Gehrungen aus Massivsteinen gefertigt sind. Wenige Sonderdetails, wie ein aus Formsteinen herausgearbeiteter Handlauf oder ein großer Kreisausschnitt mit verjüngender Gehrung, setzen zusätzliche Akzente. 
Statisch tragende Stützen und Geschossdecken sind mit einem besonderen Sichtbeton ausgeführt, der sich in seiner Farbgebung dem Stein angleicht und so zum homogenen Gesamteindruck beiträgt. Die feine Strukturierung dieser Flächen wurde durch eine sehr gleichmäßige Schalung aus schmalen, speziell imprägnierten Holzbrettern erreicht. Auch hier ist eine exakte Fugenführung im Anschluss an den Naturstein eingehalten.

Alle in die Glashalle ragenden, reliefartigen Wände und Ebenen folgen einem dreiecksförmigen Grundraster, das sich aus der Grundstücksform entwickelt. Diese Geometrie durchzieht das ganze Gebäude und lässt sich bis hin zu den Parallelogrammen der Bodenplatten (zusammengesetzt aus zwei Dreiecken) ablesen. So hat das Gebäude eine grundlegende, strenge Ordnung, die aber durch Vor- und Rücksprünge und Auflösen einzelner Wandscheiben immer wieder unterbrochen wird. Wie Terrassen kragen die verschiedenen Erschließungsebenen der Geschosse in die Glashalle hinein und schaffen großzügige Foyerflächen.

Trotz seiner modernen Sprache wird das Gebäude vor allem durch die sorgfältige Materialwahl nicht als Fremdkörper inmitten der historischen Umgebung empfunden.