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F64 Architekten und Stadtplaner

Neubau von 6 Stadthäusern, Wohnbebauung "Auf der Ludwigshöhe/Sligostraße" mit Tiefgarage, Kempten

Ort
Kempten
Gebäudekategorie
Wohnen
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2013
Material Fassade
Mauerwerk
Wohnbebauung "Auf der Ludwigshöhe/Sligostraße" in Kempten. Entwicklung eines Wohnquartiers zwischen Sligostraße und Trienter Straße. Neubau von 6 Stadthäusern mit ca. 39 Eigentumswohnungen und 47 familiengerechten Mietwohnungen, Neubau einer Tiefgarage mit ca. 93 Stellplätzen

Situation
Das am östlichen Stadtrand liegende Baugebiet "Auf der Ludwigshöhe" stellt die größte Stadterweiterung im Wohnungsbereich innerhalb des Gebiets der Stadt Kempten in den letzten 20 Jahren dar. Der geltende Bebauungsplan aus dem Jahr 1993 ist inzwischen unter mehrfachen Änderungen weitgehend umgesetzt. Während die um den zentralen Höhenrücken der Ludwigshöhe vorgesehenen Reihen- und Einfamilienhausstandorte nahezu vollständig bebaut sind, wurden große Teile der höheren Geschosswohnungsbebauung erst in den letzten Jahren realisiert. Auf einem der letzten größeren Grundstücke zwischen Sligostraße und Trienter Straße sollen nun familiengerechte Miet- und Eigentumswohnungen in einem Quartier entstehen, das durch die städtebauliche Prägung und Baukörper-Ausformung zu einer gemeinsamen Identität führt.
 
Städtebau
Der geltende Bebauungsplan sieht eine uniforme Baustruktur aus überlangen, straßenbegleitenden 4-geschossigen Blöcken vor, die sich städtebaulich hinsichtlich Orientierung, Baukörpergliederung und Raumbildung ungenügend darstellen und den Maßstab der Umgebungsbebauung sprengen würden. Deswegen wird ein Aufgliederung der Baumassen in drei Gebäudegruppen mit je 3 Stadthäusern vorgeschlagen und gleichzeitig die zugelassene Baumasse zugunsten freiräumlicher Qualitäten deutlich unterschritten. Dadurch wird eine Änderung des Bebauungsplanes notwendig.
Ein in Nord-Süd-Richtung verlaufender öffentlicher Grünzug mit Fuß-Radweg teilt das Grundstück in die ersten beiden Gebäudegruppen östlich (Sligostraße, Gebäude A,B,C) und westlich (Trienter Straße, Gebäude I,II,III), die für Eigentumswohnungen vorgesehen werden. Die dritte Gruppe (Sligostraße Gebäude D,E,F) definiert durch 90°-Drehung der Baukörper den Übergang zur Geschossbebauung südlich des Grundstücks und wird vorwiegend Mietwohnungen aufnehmen.
Als allen Gebäuden gemeinsame Volumencharakteristik erhalten die Baukörper eine skulpturale Formung: ein asymmetrisches Satteldach wird ohne Dachvorsprung quer über einen fünfeckigen Grundriss mit vier Geschossen gespannt. Dabei verjüngen sich die Gebäude zum gemeinsamen Grünzug bzw. nach Süden. Dadurch öffnet sich der Raum von den Hauptfassaden aus in die Diagonale und bietet der gereihten Baustruktur mehr Weite, Ausblick und Bezug zueinander.
 
Erschließung
Die beiden östlichen Hausgruppen erhalten eine gemeinsame Tiefgarage mit Zufahrt von der Sligostraße aus. Über Schleusen werden die Treppenhäuser und Aufzüge der einzelnen Gebäude barrierefrei erreicht. Die ebenerdigen Zugänge der Gebäude erhalten überdachte Hauseingänge, die internen Wegeverbindungen sind an das übergeordnete Fuß- und Radwegenetz angebunden.
 
Landschaftsarchitektonisches Konzept
Die Außenanlagen des neuen Wohngebiets Sligostraße werden maßgeblich durch die Geländesituation geprägt. Die Hanglage fließt in den Entwurf ebenso ein wie der bestehende öffentliche Grünzug, der das Gelände in zwei Bereiche unterteilt. Diese Bereiche sind für den PKW-Verkehr jeweils durch eine Zufahrt zur Tiefgarage erschlossen und bieten oberirdisch an beiden Zufahrten eine gewisse Anzahl an Besucher-Stellplätzen inklusive Behindertenstellplatz.
Das Wegenetz, das sich blattaderförmig über das Grundstück erstreckt, wird in seiner Ausformung durch die Erschließung für die Feuerwehr stark beeinflusst. Die zwei Hauptwege leiten zum großen Teil auf öffentlichem Grund die Besucher und Bewohner durch das Gelände und verknüpfen die Wohngebiete miteinander. Entlang der Sligostraße wird es einen durchgängigen Fußweg geben. Die Seitenstiche verbinden die Mehrfamilienhäuser mit dem Grünzug und werden durch sich anschmiegende Streifen mit Rasenpflaster für die Feuerwehr erweitert. Auf diese Weise können die Wohnungen angeleitert werden, ohne dass die Privatgärten der Wohnungen im Erdgeschoss tangiert werden.
Die Eingangsbereiche der Wohnhäuser profitieren ebenfalls von den Aufweitungen des Wegenetzes durch Rasenpflaster, da diese eine großzügige Gestaltung der Eingänge zulassen. So können an jedem Gebäude oberirdische Fahrradstellplätze angeordnet werden; die Unterbringung der Müllcontainer kann ins Gebäude integriert werden. Neben dem öffentlichen Freiraum innerhalb des Geländes gibt es gemeinschaftliche Freiflächen für die Bewohner, die je nach Belieben genutzt werden können. Hierfür sind u.a. Mehrgenerationenspielgeräte vorgesehen und eine große Wiese, die verschieden bespielt werden kann. Ein weiterer bereits bestehender Kinderspielplatz befindet sich in unmittelbarer Nähe, so dass Kinder dort ein zusätzliches Spielangebot in Anspruch nehmen können.
Einen wesentlichen Bestandteil der Außenanlagen bilden die Privatgärten, die durch eine freiwachsende Hecke gegenüber dem öffentlichen Bereich abgeschirmt werden. Eine zusätzliche Umfriedung in Form eines Zaunes ist nicht vorgesehen. Die Gartenbereiche sind durch Öffnungen in der Strauchpflanzung auch von außerhalb zu erreichen. Die Pflanzung, bestehend u.a. aus Hortensien, Rosen und Schneeball, soll sich mit den angrenzenden Wiesenflächen wie selbstverständlich verzahnen. Innerhalb der Gärten sind Rasenflächen vorgesehen. An die Loggien im Erdgeschoss sind zusätzlich Terrassen angegliedert. Die Gartenbereiche der Wohnungen sind durch geschnittene Hecken voneinander getrennt. Für die Gartenbereiche sind Obstbäume wie Apfel oder Kirsche sowie eine Erle pro Gebäude vorgesehen. Die öffentlichen Freiräume werden bestimmt durch Großbäume wie Berg-Ahorn und Stiel-Eiche. Das Beleuchtungskonzept sieht vor, im Wesentlichen die Hauptwege und den Parkplatz mit Pollerleuchten sowie Wandeinbauleuchten zu illuminieren.
 
Baukörper
Die Gebäude nehmen zwischen 13 bis 18 Wohnungen mit 3-4 Wohnungen pro Geschoss auf. Die Dachgeschosse erhalten 1-2 Wohnungen. Durch die unterschiedlichen Gebäudelängen ergibt sich ein variabler Mix aus 2-Zi. bis 5-Zi.-Wohnungen. Allen Erdgeschosswohnungen sind eigene Gartenbereiche mit geschützter Loggia direkt zugeordnet. Die Obergeschoss- Wohnungen  erhalten jeweils eine Loggia mit Balkonerweiterung. Für die Dachgeschosswohnungen sind großzügige Dachterrassen vorgesehen, die durch die geschlossenen Dachränder blick- und windgeschützt sein werden.
Besonderes Gestaltungsmerkmal der Fassaden sind die den Loggien vorgelagerten Balkone. Deren gerundete Brüstungen zitieren schmiedeeiserne Konstruktionen der Gründerzeit und ergeben im Zusammenspiel mit der geschossweise versetzten Anordnung einen 'weichen' Gegenpol zur strengen Linienführung der Gebäudekubatur.
 
Energie und Haustechnik
Der angestrebte Energiestandard, Energieeffizienzhaus 70, wird erreicht durch die wärmebrückenfreie Gebäudehülle mit Thermoplan-Ziegeln und 3-fach-Isolierglas-Fenstern, ergänzt durch robuste und einfache Technik. Die Wärmeerzeugung erfolgt umweltfreundlich durch Anschluss des Quartiers an das Fernwärmenetz des ZAK. Kontrollierte Bad- und WC-Abluft mit Nachströmung über den Fensterfalz garantieren die erforderliche Raumlufthygiene. Partiell werden dezentrale Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung vorgesehen. Auf den Dachflächen können nach Bedarf Kollektoren zur solaren Brauchwassererwärmung angeordnet werden.
 
Veröffentlichungen
Ziegel.com: Berichte aus der Region Schwaben "Geschosswohnungsbauten innovativ und energieeffizient" 

Adresse:
Sligostraße
87437 Kempten (Allgäu)

Auftraggeber:
BSG Allgäu, Kempten

Beauftragte Leistung:
Städtebaulicher Entwurf
Gebäudeplanung LPH 1-5 HOAI
Baukünstlerische Oberleitung

Projektzeiten:
Städtebaulicher Entwurf
2012-2013
Auslegungsbeschluss der Bebauungsplanänderung durch den Stadtrat Kempten
erfolgte am 14.11.2013

1. Bauabschnitt
3 Stadthäuser mit 47 öffentlich geförderten Mietwohnungen und 4 Eigentumswohnungen, Tiefgarage mit 52 Stellplätzen
Baubeginn: 08/2014

2. Bauabschnitt
3 Stadthäuser mit 39 Eigentumswohnungen, Tiefgarage mit 41 Stellplätzen
Baubeginn: ca. 03/2015

Projektgröße:
B-Plan Umgriff: 1,8 ha
BGF: 15.600 m²

Energiestandard:
Energieeffizienzhaus 70

Projektbeteiligte:
Landschaftsarchitektur:
Keller Damm Roser Landschaftsarchitekten Stadtplaner GmbH, München

Tragwerksplanung:
IHW Hartmann + Walter, Kempten

HLS-Planung:
Ingenieurbüro Stöffel VDI, Kempten

Elektroanlagenplanung:
IB Lippert Elektrotechnik GmbH, Kempten

Brandschutzplanung:
Ingenieurbüro Anwander GmbH & Co. KG, Sulzberg

Künstlerische Beratung, Farb- und Materialkonzept, Visualisierung:
Gerhart Kindermann, Isny

Fotografie:
Rainer Retzlaff, Niedersonthofen