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ingenhoven associates

Betonsilo

Vom historischen Getreidespeicher zum hochmodernen Medizin- und Bürostandort
Foto: HGEsch/ingenhoven associates
Foto: HGEsch/ingenhoven associates
Ort
Düsseldorf
Gebäudekategorie
Krankenhäuser, Ärztehäuser, Arztpraxen
Bauvorhaben
Umbau
Jahr der Fertigstellung
2022
Material Fassade
Beton
Mit dem Betonsilo wurden jetzt die Sanierung und der anspruchsvolle Umbau des letzten historischen Gebäudes des Ensem­bles Plange Mühle abgeschlossen.

Das Betonsilo ist Teil des zukünftigen Plange Mühle Campus – einem lebendigen, zukunftsweisenden Quartier im Düsseldorfer Hafen, geplant nach höchsten ökologischen Maßstäben entsprechend den supergreen©-Grundsätzen von ingenhoven associates und mit besonderer Wertschätzung für das Bestehende.

Errichtet im Jahr 1929, umfasst das Betonsilo zehn, fast 30 Meter hohe, paarweise angeordnete Röhren aus Stahlbeton. Es wurde in der für solche Bauhöhen damals noch ungewöhnlichen Freischalung ausgeführt. Seit April 2000 steht es unter Denkmalschutz. Heute wird das Betonsilo unter anderem von einer radiologischen Praxis und einer orthopädischen Klinik mit Empfangsräumen, Operations- und Bettenetage genutzt. Weitere medizinische Nutzungen werden folgen. Darüber hinaus bietet es zeitgemäße Büroräume mit grandiosem Ausblick.

Um die neue Nutzung des Betonsilos zu ermöglichen – eine besonders anspruchsvolle Aufgabe bei dieser Gebäudetypologie – wurden in Abstimmung mit dem Denkmalschutz die Röhren längsseitig aufgeschnitten, durch Teilabbruch der inneren Silowände neue Geschossdecken eingezogen sowie in neun der Röhren Fenster integriert. Die auf der Campusseite liegende, unmittelbar an das Holzsilo angrenzende Röhre wurde im originalen, geschlossenen Zustand erhalten. Sie umschließt das Haupttreppenhaus samt den zwei Personenaufzügen sowie einem Bettenaufzug. In alle anderen Siloröhren fällt heute in jede der sieben Etagen durch je zwei neue Aluminiumfenster Tageslicht.

Ein zusätzliches Staffelgeschoss, der Überflieger, verbindet das Beton- mit dem benachbarten Holzsilo. Terrassen und neue bodentiefe Fenster, letztere laut Bauakten von 1929 bereits ursprünglich vorgesehen, ermöglichen weite Ausblicke auf den Düsseldorfer Hafen und die Innenstadt. Mit einer begehbaren Aufenthaltsebene ca. 28,9 Meter über Geländeoberfläche gilt das Betonsilo als Hochhaus. Der historische Treppenhausturm, der direkt an die Siloröhren anschließt und in den Überflieger übergeht, wurde komplett entkernt und ein neues, den aktuellen Sicherheitsvorschriften entsprechendes Nottreppenhaus integriert.

Da großflächige temporäre Öffnungen der Fassade aus denkmalpflegerischer Sicht nicht möglich waren, wurde das Haus „von innen und oben“ gebaut: Die Decke des Silos wurde geöffnet und so die gesamte Baustellenlogistik eingeführt. Statt eines herkömmlichem Wärmedämmverbundsystems wurde während der Sanierung eine 15 Zentimeter starke Putzschicht auf die Fassade aufgebracht. Sie unterstreicht den authentischen Ausdruck des gesamten Ensembles.

Das Betonsilo ist Teil des zukünftigen Plange Mühle Campus, Heimat für Unternehmen aus Mode-, Medizin-, Architektur- und Beratungsbranche, dazu vielfältige Gastronomie- und Veranstaltungsflächen. Die Spuren der Geschichte des Ortes bleiben lesbar: Kern des Campus bildet die markante Industriearchitektur von 1906, die Backsteingebäude der ehemaligen Weizenmühle Georg Plange. In den folgenden Jahrzehnten wurde sie kontinuierlich erweitert. Seit 2001 wird das gesamte Areal etappenweise, in enger Zusammenarbeit mit dem Denkmalschutz saniert und neu entwickelt – eine Transformation von Industrie zu Gewerbe.

Die Mühle, das bis 2003 umgebaute Hauptgebäude, bildet mit seinem eindrucksvollen, denkmalgeschützten Uhrenturm mit dem Bronzeadler auf der Turmspitze das von Weitem sichtbares Wahrzeichen des alten Industriehafens. Daran schließen Speicher, Werkstatt, Obermüllerhaus, das einst Wohnung und Stallungen beherbergte, sowie das Holzsilo, ebenfalls ein ehemaliges Getreidesilo und bis 2016 aufwendig saniert, an. Bis 2025 wird das Ensemble mit Kontor und Garage um zwei Neubauten ergänzt. Das Kontor, achtgeschossig und mit Backstein verkleidet, knüpft an die industrielle Geschichte des Ortes an: Einfach im Ausdruck, hohe Räume, hochflexible Grundrisse. Auf das Wesentliche konzentriert ist auch die Garage: Ein Split Level-Parkhaus mit über 500 Parkplätzen, zugleich Mobility-Hub mit Fahrradverleih- und -reparaturstation, Ladestation für Elektrofahrzeuge, End-of-trip Facilities, Helikopter- und Drohnenlandeplatz. Die Fassaden der Hochgarage werden komplett begrünt.

Zusammen mit den neuen, großzügigen öffentlichen Räumen, mit Park und Uferpromenade, entsteht ein lebendiger Campus am Wasser – ein zukunftsweisendes Quartier im Düsseldorfer Hafen. Zertifiziert wird es nach den höchsten Green BuildingStandards, u. a. DGNB Platin und WiredScore Gold, und nach C2CPrinzipien geplant. ingenhoven associates leiten dabei die eigenen supergreen®-Grundsätze: Hier besonders der respektvolle Umgang mit dem Bestehenden, auch bei sehr anspruchsvollen Gebäudetypologien wie einem ehemaligen Getreidesilo. Replacement, also das Zurückgeben der Biokapazität, die durch das Bauen weggenommen wird – zentrales Element vieler Gebäude von ingenhoven associates – bedeuten hier nicht nur neue Grünräume auf dem Campus, sondern unter anderem auch, dass der Fisch- und Artenreichtum im Hafenwasser gefördert wird. Zugleich wird der Plange Mühle Campus als Teil des MedienHafens neu eingebunden. Mit dem neuen Mobility Hub sowie Pier One, das bis 2025 mitsamt vier neuen Brücken auf dem Wasser errichtet wird, entsteht eine neue Infrastruktur der kurzen Wege – eine neue Verknüpfung von Hafen und Stadt.