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PWP Pahl + Weber-Pahl Architekten

EJOT Produktionshalle 4.0, Bad Berleburg

Ort
Bad Berleburg
Gebäudekategorie
Produktion, Lager
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2017
Material Fassade
Metall
Fabrikneubauten beinhalten heute Produktionssequenzen, sogenannte Fraktale, in denen standort- und unternehmensübergreifend vernetzt Bauteile entwickelt, hergestellt und weltweit eingesetzt werden. Die Unbestimmtheit zukünftiger Aufgaben erfordert ein Höchstmaß an Flexibilität und Qualität der technischen Ausstattung.

Die Chance eine solche Produktionshalle neu zu denken, ergab sich mit dem aktuellen Neubau der Halle 4.0 am Standort Herrenwiese in Bad Berleburg, ursprünglich als 4. Bauabschnitt der zugekauften, ehemaligen Holzweber-Fabrik vorgedacht. In der Diskussion über die inhaltliche Ausgestaltung entwickelte die Bauaufgabe eine Eigendynamik zu dem was wir aktuell unter Industrie 4.0 verstehen:

Selbststeuernde, vollvernetzte Prozesse, ein Höchstmaß an Flexibilität sowie
eine Unbestimmtheit zukünftiger Aufgaben und technischer Erfordernisse.

Entstanden ist eine stützenfreie Halle von 120 m Länge mit einer Produktionsfläche von 3.600 m² und mit weiteren 2.000 m² an unmittelbar zugeordneten Bereichen. Ein zweischichtiger Schwerlastboden erlaubt eine absolut flexible Maschinenaufstellung bis 60 to Einzellast. Als logische Konsequenz erfolgt die komplett veränderbare technische Infrastruktur von oben, aufgehängt an modularen Stäben („Pins“) in 5m Abstand. Die Idee der Erstaufstellung des zukünftigen Maschinenparks umfasst 2/3 der Hallenfläche, welcher von Routenzügen komplett umfahren werden kann. Daraus entwickelte sich mittig, an der Hallendecke ein abgehängtes, begehbares Rückgrat („Spine“) mit Andockstellen für Strom, Druckluft, Ölversorgung, Lüftungstechnik und EDV. An den übrigen „Pins“ wurden Kranbahnträger abgehängt mit jeweils 4-5 unabhängig, verfahrbaren Brücken, welche den gesamten Maschinenpark bestreichen.

Ein Teil der Produktionsfläche ist mit identischer Technologie als Lernwerkstatt ausgewiesen. Die Idee ist eine integrierte Ausbildung, „live“ an Maschinen und unmittelbar in die Arbeitsabläufe integriert. Unmittelbar zugeordnet in einer zweigeschossigen Technikspange sind Audit-, Shopfloor-, Pausen-, Sozial-, Büro- und Schulungsbereiche. Großzügige Glasflächen erlauben einen visuellen Kontakt bei gleichzeitigem Schallschutz.

Die Unbestimmtheit zukünftiger Aufgaben bis hin zu selbststeuernden, vollvernetzten Prozessen wird neue Formen der Überwachung und des „Data Minings“ erfordern. Die „gläserne“, der Produktion zugeordnete Technikspange, wird dies leisten mit ihrer veränderbaren Struktur und Zuordnung zu einem begrünten Innenhof, welcher für soziale und büronahe Nutzungen eine hohe Arbeitsplatzqualität mit Tageslicht, natürlicher Belichtung, Kühldecken und akustischer Dämpfung besitzt. Ein ausgleichender Außenbezug zur Wahrnehmung von Wetter, Natur und Jahreszeiten, welcher insbesondere auch für die spezialisierten Mitarbeiter an den Maschinen gilt.

Das Konzept der stützenfreien, 12-teiligen Shedhalle mit blendfreiem, reinem Nordlicht und seitlich heruntergeführter Verglasung ist angesichts sonstiger, vergleichbarer Produktionsstätten einzigartig. Entstanden ist ein starker, eigenständiger Auftritt von EJOT, von hoher baulicher Qualität, jedoch geerdet mit Werkstattcharakter und offen für zukünftige Prozesse und Anforderungen.