PPAG architects
Bildungscampus Sonnwendviertel, Wien
Foto: Hertha Hurnaus
Mit dem Bildungscampus Sonnwendviertel am Gelände des Hauptbahnhofes wurde ein Bildungsbau in Wien erstmals ziel- und nicht lösungsorientiert ausgeschrieben. Grundlage der Wettbewerbsausschreibung war der sogenannte Qualitätenkatalog, der den zeitgemäßen pädagogischen Alltag in Bildungseinrichtungen in allen Facetten beschrieb. Unter Einhaltung einer Nutzflächenobergrenze und ganz ohne Einengung der Freiheiten war jener Bildungsbau gesucht, der den Anforderungen einer modernen Pädagogik am besten entspricht.
Die gegenwärtige Pädagogik setzt auf eine individuelle Betreuung für jedes Kind. Nicht der instruktive Unterricht (Frontalunterricht) steht im Vordergrund, sondern Freies Lernen und Projektunterricht. Wechselnde Gruppen von Kindern teils unterschiedlichen Alters erledigen Aufgaben, erarbeiten Projekte oder erfahren spezifische Forderung und Förderung.
Der Bildungscampus Sonnwendviertel ist nach Monte Laa, Nordbahnhof und Donaustadt der vierte Bildungscampus Wiens, der erste mit modernem pädagogisch-räumlichen Konzept und der erste, der neben Kindergarten und Volksschule auch eine Mittelschule beinhaltet. Das Campusmodell nützt einerseits ökonomisch Synergien (gemeinsamer Turnsaal, Bibliothek…) und baut vor allem die starren psychologischen Grenzen zwischen den einzelnen Bildungseinrichtungen ab. Weder schon noch erst beginnt der Ernst des Lebens nach dem Kindergarten und die mathematisch interessierte 4-Jährige kann in die erste Klasse Volksschule zum Rechenunterricht Schnuppern gehen.
Der Bildungscampus ist eine Ganztages- und Ganzjahreseinrichtung mit verschränktem Unterricht in den Schulen. Die Freizeitbereiche wurden daher erstmals nicht getrennt errichtet (keine Hort- oder Freizeitklassen…), sondern das Konzept einer „Wohnschule“ entwickelt. 1100 Kinder von 0-14 Jahren werden den Bildungscampus in Vollnutzung besuchen. Zu je circa einem Drittel im Kindergarten, in der Volksschule und in der Mittelschule. Nur überschaubare Teilgruppen ermöglichen ein pädagogisch sinnvolles soziales Gefüge. Zwischen Pädagogen (1st teacher) und Schulhaus (3rd teacher) stehen – so die Fachbegriffe - als 2. Pädagogen die Mitschüler, die voneinander lernen. Daher besteht jede Bildungseinrichtung (KIGA, VS, NMS) aus je 4 Clustern (je 2 x Erdgeschoss, 2 x Obergeschoss).
In jedem Cluster sind rund um einen Marktplatz (voll möblierbare, pädagogisch nutzbare gemeinsame Fläche) 4 Bildungsräume, ein Projektraum und ein Teamraum für die Lehrer angeordnet. Auch die Lehrer „wohnen“ im selben „Dorf“ (Circa 100 Kinder plus Pädagogen).
Der Marktplatz entsteht aus der simplen Umwandlung der in Bildungseinrichtung üblichen Erschließungsflächen. Diese können – da normalerweise Fluchtweg – normalerweise nie möbliert und/oder genutzt werden. Ein neuartiges Fluchtwegkonzept sieht eine Entfluchtung aller Unterrichtsräume über Terrassen direkt nach außen vor, sodass für die Nutzung des Marktplatzes keine Einschränkungen bestehen.
Betrachtet man zwei übereinanderliegende Cluster (EG, OG), so sind nie zwei Bildungsräume übereinander angeordnet. Über jedem unteren befindet sich fürs Obergeschoss eine Terrasse, unter jedem oberen ein gedeckter Gartenbereich. Somit hat jede Klasse in unmittelbarem Anschluss eine ebenso große Freiklasse mit Sonnenschutz, Außentischen, Sitzbänken und Tafel im Freien. Projekt- und Teamräume hingegen liegen immer direkt übereinander.
Bildungsräume (früher Klassen genannt) in den Schulen und Gruppenräume im Kindergarten sind quadratisch. 8 x 8m bzw. 9 x 9m. Obwohl sehr selbstähnlich gleicht keiner einem anderen. Die ungerichtete quadratische Form unterstützt die modernen Lernformen zulasten des instruktiven Unterrichts. Jeder Bildungsraum verfügt über ein sogenanntes Nest, einen 8m2 großen „Erker“ mit erhöhtem Fußboden und niedriger Raumhöhe, abtrennbar durch eine schwenkbare Tafel.
Energetisches Konzept: Das Gebäude wird im Niedrigenergiestandard errichtet. Die Körperwärme der SchülerInnen wird genutzt bzw. bei Abwesenheit subsummiert, die Lüftung - der entscheidende energetische Faktor im Schulbau - erfolgt simpel über dezentrale Lüftungsgeräte mit 80-prozentiger Wärmerückgewinnung, der Strom der technischen Anlagen wird über Photovoltaik gewonnen.
Für den Bildungscampus wurden neue Schultische entwickelt: Es sind Tische für 3 Kinder (nicht 2) und sie sind – ausgenommen Kindergarten – „normal“ hoch (normale Bürotischhöhe 76cm). Die Kinder können also – im Gegensatz zu heute - unabhängig von ihrer Körpergröße nebeneinander und mit Ihren Pädagogen sitzen. Sessel mit verstellbaren Fußrasten gewährleisten die ergonomisch „korrekte“ Haltung. Die Tische/ Sessel wurden vor Produktion 6 Monate in einer pädagogischen Hochschule getestet. Mobileres – antibequemes – Verhalten der Kinder bei Projektarbeiten, kein unhinterfragtes „Platzeigentum (kein Bankfach sondern Eigentumslade im Schrank)“ sondern ständiges Verhandeln und Kommunizieren.
Die Form der Tische, die sich aus der Anwendung der Normen (Normheft, Normfederpenal, Normknie…) und einer einfachen Kombinatorik ergibt, fand auch für den Bodenbelag in den Verbindungsbereichen (Feinsteinzeug) Anwendung.
Neben den drei zweigeschossigen Bauteilen der Bildungseinrichtungen mit den Clustern (KIGA im Osten, VS im Norden, NMS im Westen) sind zwischen diesen die gemeinsamen Bereiche situiert: Mehrzwecksaal, Kino- und Theatertreppe, Dreifachturnhalle abgesenkt, Bewegungs-/Gymnastiksaal, Bibliothek. Hier essen auch die Ältesten (NMS), während VS und KIGA im Cluster (zuhause) essen. Am Haupteingang an der Gudrunstraße sind einige Verwaltungsräume untergebracht (Pädagogen sind im Cluster) und darüber die Sonderunterrichtsräume der Mittelschule (EDV, Werken, Musik, Physik….).
Graphisch-künstlerische Ausgestaltung (Büro bleed): Ausgangspunkt war die Vorstellung von einer Art Farbcode, ähnlich den schottischen Tartans, der die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe repräsentiert. Da die Gruppenzugehörigkeit in verschiedenem Maßstab betrachtet werden kann (Gruppenraum=Klasse, Marktplatz=Cluster, Bildungseinrichtung=KIGA(gelb)/VS(blau)/NMS(schwarz)) ergab sich ein dreifarbiges Erkennungsmuster, das in Form eines Emblems zum Marktplatz und zum Garten hin die Klasse markiert. Jede Maßstabsebene ist durch eine eigene Farbe repräsentiert, wodurch über die Bildungseinrichtungen und/oder Cluster hinweg Partnerklassen oder Partnercluster entstehen. Diese Farben werden in Kombination mit einer mehrdeutigen, Diskussionen anregenden Formenbibliothek auch über den gesamten Bildungscampus an den Wänden als Art Graffiti verwendet und dienen hier auch als ein spürbares Leitsystem (es wird zunehmend gelber, ich komme zum Kindergarten…).
Der Freiraum erstreckt sich vom Gartenniveau über die offenen Fluchttreppen auf die Terrassen in den Obergeschossen. Jede Fläche ist genutzt. Am Dach der Sporthalle ist der Hartplatz. Zwischen zwei angrenzenden Bildungseinrichtungen ergeben sich jeweils innere Höfe, Orte der Transition zwischen den betroffenen Einrichtungen. Leicht grün gefärbter Besenstrich-Beton, grüner EPDM-Gummibelag, grüne Wiese. Bäume als Lehrmittel, große Bewegungsräume, kleine versteckte Spielbereiche, Beete … . Bei warmer Witterung verschmelzen die Marktplätze mit dem Freiraum, wodurch quasi ein System aus Pavillons entsteht.
Das Campusmodell ist in allen Maßstäben räumlich artikuliert. Es setzt in der Konfiguration der Schultische, in der räumlich-maßstäblichen Differenzierung einzelner Bildungsräume in Lese- und Werkbereichen, in der konkreten Ausrichtung einzelner Bildungsräume zum äußeren Freiraum und zum inneren Marktplatz hin, in der Raumkonditionierung der cluster-zentralen Marktplätze selbst, in der Komposition einzelner Bildungscluster im Verhältnis zum Freiraum und in der Organisation des Bildungscampus als innovatives städtisches Gefüge innerhalb des Stadtentwicklungsgebiets Hauptbahnhof die übergreifend pädagogische Dringlichkeit des Campusmodells für die gesamte Stadt um.
Die gegenwärtige Pädagogik setzt auf eine individuelle Betreuung für jedes Kind. Nicht der instruktive Unterricht (Frontalunterricht) steht im Vordergrund, sondern Freies Lernen und Projektunterricht. Wechselnde Gruppen von Kindern teils unterschiedlichen Alters erledigen Aufgaben, erarbeiten Projekte oder erfahren spezifische Forderung und Förderung.
Der Bildungscampus Sonnwendviertel ist nach Monte Laa, Nordbahnhof und Donaustadt der vierte Bildungscampus Wiens, der erste mit modernem pädagogisch-räumlichen Konzept und der erste, der neben Kindergarten und Volksschule auch eine Mittelschule beinhaltet. Das Campusmodell nützt einerseits ökonomisch Synergien (gemeinsamer Turnsaal, Bibliothek…) und baut vor allem die starren psychologischen Grenzen zwischen den einzelnen Bildungseinrichtungen ab. Weder schon noch erst beginnt der Ernst des Lebens nach dem Kindergarten und die mathematisch interessierte 4-Jährige kann in die erste Klasse Volksschule zum Rechenunterricht Schnuppern gehen.
Der Bildungscampus ist eine Ganztages- und Ganzjahreseinrichtung mit verschränktem Unterricht in den Schulen. Die Freizeitbereiche wurden daher erstmals nicht getrennt errichtet (keine Hort- oder Freizeitklassen…), sondern das Konzept einer „Wohnschule“ entwickelt. 1100 Kinder von 0-14 Jahren werden den Bildungscampus in Vollnutzung besuchen. Zu je circa einem Drittel im Kindergarten, in der Volksschule und in der Mittelschule. Nur überschaubare Teilgruppen ermöglichen ein pädagogisch sinnvolles soziales Gefüge. Zwischen Pädagogen (1st teacher) und Schulhaus (3rd teacher) stehen – so die Fachbegriffe - als 2. Pädagogen die Mitschüler, die voneinander lernen. Daher besteht jede Bildungseinrichtung (KIGA, VS, NMS) aus je 4 Clustern (je 2 x Erdgeschoss, 2 x Obergeschoss).
In jedem Cluster sind rund um einen Marktplatz (voll möblierbare, pädagogisch nutzbare gemeinsame Fläche) 4 Bildungsräume, ein Projektraum und ein Teamraum für die Lehrer angeordnet. Auch die Lehrer „wohnen“ im selben „Dorf“ (Circa 100 Kinder plus Pädagogen).
Der Marktplatz entsteht aus der simplen Umwandlung der in Bildungseinrichtung üblichen Erschließungsflächen. Diese können – da normalerweise Fluchtweg – normalerweise nie möbliert und/oder genutzt werden. Ein neuartiges Fluchtwegkonzept sieht eine Entfluchtung aller Unterrichtsräume über Terrassen direkt nach außen vor, sodass für die Nutzung des Marktplatzes keine Einschränkungen bestehen.
Betrachtet man zwei übereinanderliegende Cluster (EG, OG), so sind nie zwei Bildungsräume übereinander angeordnet. Über jedem unteren befindet sich fürs Obergeschoss eine Terrasse, unter jedem oberen ein gedeckter Gartenbereich. Somit hat jede Klasse in unmittelbarem Anschluss eine ebenso große Freiklasse mit Sonnenschutz, Außentischen, Sitzbänken und Tafel im Freien. Projekt- und Teamräume hingegen liegen immer direkt übereinander.
Bildungsräume (früher Klassen genannt) in den Schulen und Gruppenräume im Kindergarten sind quadratisch. 8 x 8m bzw. 9 x 9m. Obwohl sehr selbstähnlich gleicht keiner einem anderen. Die ungerichtete quadratische Form unterstützt die modernen Lernformen zulasten des instruktiven Unterrichts. Jeder Bildungsraum verfügt über ein sogenanntes Nest, einen 8m2 großen „Erker“ mit erhöhtem Fußboden und niedriger Raumhöhe, abtrennbar durch eine schwenkbare Tafel.
Energetisches Konzept: Das Gebäude wird im Niedrigenergiestandard errichtet. Die Körperwärme der SchülerInnen wird genutzt bzw. bei Abwesenheit subsummiert, die Lüftung - der entscheidende energetische Faktor im Schulbau - erfolgt simpel über dezentrale Lüftungsgeräte mit 80-prozentiger Wärmerückgewinnung, der Strom der technischen Anlagen wird über Photovoltaik gewonnen.
Für den Bildungscampus wurden neue Schultische entwickelt: Es sind Tische für 3 Kinder (nicht 2) und sie sind – ausgenommen Kindergarten – „normal“ hoch (normale Bürotischhöhe 76cm). Die Kinder können also – im Gegensatz zu heute - unabhängig von ihrer Körpergröße nebeneinander und mit Ihren Pädagogen sitzen. Sessel mit verstellbaren Fußrasten gewährleisten die ergonomisch „korrekte“ Haltung. Die Tische/ Sessel wurden vor Produktion 6 Monate in einer pädagogischen Hochschule getestet. Mobileres – antibequemes – Verhalten der Kinder bei Projektarbeiten, kein unhinterfragtes „Platzeigentum (kein Bankfach sondern Eigentumslade im Schrank)“ sondern ständiges Verhandeln und Kommunizieren.
Die Form der Tische, die sich aus der Anwendung der Normen (Normheft, Normfederpenal, Normknie…) und einer einfachen Kombinatorik ergibt, fand auch für den Bodenbelag in den Verbindungsbereichen (Feinsteinzeug) Anwendung.
Neben den drei zweigeschossigen Bauteilen der Bildungseinrichtungen mit den Clustern (KIGA im Osten, VS im Norden, NMS im Westen) sind zwischen diesen die gemeinsamen Bereiche situiert: Mehrzwecksaal, Kino- und Theatertreppe, Dreifachturnhalle abgesenkt, Bewegungs-/Gymnastiksaal, Bibliothek. Hier essen auch die Ältesten (NMS), während VS und KIGA im Cluster (zuhause) essen. Am Haupteingang an der Gudrunstraße sind einige Verwaltungsräume untergebracht (Pädagogen sind im Cluster) und darüber die Sonderunterrichtsräume der Mittelschule (EDV, Werken, Musik, Physik….).
Graphisch-künstlerische Ausgestaltung (Büro bleed): Ausgangspunkt war die Vorstellung von einer Art Farbcode, ähnlich den schottischen Tartans, der die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe repräsentiert. Da die Gruppenzugehörigkeit in verschiedenem Maßstab betrachtet werden kann (Gruppenraum=Klasse, Marktplatz=Cluster, Bildungseinrichtung=KIGA(gelb)/VS(blau)/NMS(schwarz)) ergab sich ein dreifarbiges Erkennungsmuster, das in Form eines Emblems zum Marktplatz und zum Garten hin die Klasse markiert. Jede Maßstabsebene ist durch eine eigene Farbe repräsentiert, wodurch über die Bildungseinrichtungen und/oder Cluster hinweg Partnerklassen oder Partnercluster entstehen. Diese Farben werden in Kombination mit einer mehrdeutigen, Diskussionen anregenden Formenbibliothek auch über den gesamten Bildungscampus an den Wänden als Art Graffiti verwendet und dienen hier auch als ein spürbares Leitsystem (es wird zunehmend gelber, ich komme zum Kindergarten…).
Der Freiraum erstreckt sich vom Gartenniveau über die offenen Fluchttreppen auf die Terrassen in den Obergeschossen. Jede Fläche ist genutzt. Am Dach der Sporthalle ist der Hartplatz. Zwischen zwei angrenzenden Bildungseinrichtungen ergeben sich jeweils innere Höfe, Orte der Transition zwischen den betroffenen Einrichtungen. Leicht grün gefärbter Besenstrich-Beton, grüner EPDM-Gummibelag, grüne Wiese. Bäume als Lehrmittel, große Bewegungsräume, kleine versteckte Spielbereiche, Beete … . Bei warmer Witterung verschmelzen die Marktplätze mit dem Freiraum, wodurch quasi ein System aus Pavillons entsteht.
Das Campusmodell ist in allen Maßstäben räumlich artikuliert. Es setzt in der Konfiguration der Schultische, in der räumlich-maßstäblichen Differenzierung einzelner Bildungsräume in Lese- und Werkbereichen, in der konkreten Ausrichtung einzelner Bildungsräume zum äußeren Freiraum und zum inneren Marktplatz hin, in der Raumkonditionierung der cluster-zentralen Marktplätze selbst, in der Komposition einzelner Bildungscluster im Verhältnis zum Freiraum und in der Organisation des Bildungscampus als innovatives städtisches Gefüge innerhalb des Stadtentwicklungsgebiets Hauptbahnhof die übergreifend pädagogische Dringlichkeit des Campusmodells für die gesamte Stadt um.