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PPAG architects

Volks- und Berufsschule Längenfeldgasse

Schule weiter denken
©Hertha Hurnaus
©Hertha Hurnaus
Ort
Wien
Gebäudekategorie
Schulen
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2020
Material Fassade
Metall
Architektenpreis
Mies van der Rohe Award 2022
Nominee; Österreichischer Bauherrenpreis 2022
Nominee
Die Erfordernis einer erhöhten Anzahl von Bildungseinrichtungen kann in innerstädtischen Lagen zum Katalysator für ungewöhnliche Lösungen werden. Das Projekt Volksschule und Berufsschule Längenfeldgasse ist ein Beispiel für eine Nachverdichtung in einem zentralen, bereits dicht verbauten Stadtteil. Der Neubau beinhaltet die neuartige Kombination aus einer 17-klassigen Grundschule (Alter 6 bis 10 Jahre) und einer Berufsschulerweiterung mit 23 Klassen (Alter 15 bis 19 Jahre). Damit sie möglichst wenig vom bestehenden Freiraum verbaut, ist die Schule mit sechs Stockwerken  vergleichsweise hoch geplant. 2100 m² Garten bleiben bestehen.

Die Grundschule befindet sich äußerst kompakt im erdgeschossnahen horizontalen Teil, die Berufsschule ist im nach oben abnehmenden, vertikalen Teil beheimatet. Den oberen Abschluss der Berufsschule bildet die sogenannte „Übungsfirma“, mit Blick über die Stadt – und Ausblick in eine Zukunft voller Möglichkeiten.

Die große Terrasse über der Grundschule und die sich nach oben hin verjüngenden, springenden Terrassen vor der Berufsschule sind integraler Bestandteil der bildungsräumlichen Überlegungen. Die Schule wird hier als Landschaft in der Stadt aktiviert. Alle Dächer sind Lernterrassen und Gemeinschafts(frei)räume.

Ein zeitgemäßes räumlich-pädagogisches Konzept wird mittlerweile im gesamten Schulbauprogramm der Stadt Wien vorausgesetzt. So versteht sich das Projekt der Volks- und Berufsschule als Weiterführung des neuen Programms der Stadt, kindsgerecht und atmosphärisch auf die Spitze getrieben. Die Volksschule besteht aus vier Clustern mit je vier bis fünf Bildungsräumen, die sich wiederum jeweils um eine Lernlandschaft anordnen. Es gibt Teamräume für die Pädagog*innen im Clusterverband. Jeder Bildungsraum hat einen Appendix, der als Nest oder Oase der Ruhe genutzt werden kann. Das System des Clusters wird altersangepasst auch auf die Berufsschule angewendet.

Die Materialien vermitteln nach innen und außen einen Eindruck zwischen Denkfabrik und Zuhausegefühl und stehen für zeitgemäßes Lernen. Harte und weiche Oberflächen, Vorhänge und bewegliche Matratzen- und Kissenelemente schreiben die Ambiguität und die Übergänge des Raumes weiter. Verglasungen zwischen Multifunktionsbereich und  Stammgruppenräumen sowie dekorative Spiegel erweitern die Wahrnehmung der Raumabschlüsse – sie verbessern die Außenansichten und schaffen durch die „unendliche Lernlandschaft“ ein neues räumliches Gefühl.

Zeitgemäße Pädagogik erfordert ebenfalls ein enormes Maß an offenen Regalflächen, aus denen die Kinder beim Freien Lernen und Projektunterricht ihre Lernmaterialien wählen. Sie sind bis zur Greifhöhe der Kinder auch an der Fassade untergebracht. Ein Spiegel auf der obersten Regalfläche reflektiert das Licht und die Sonne in den Raum. Außenregale ermöglichen Experimente, sie erlauben gleichzeitig das vollständige Öffnen einiger der geschickt platzierten, raumhohen Fenster. Diese sorgen für viel Tageslicht und einen direkten Blick nach außen, ohne sich ausgesetzt zu fühlen. Das umgebende Grün ist rundum präsent.

Der gemeinsame Hof zwischen Volks- und Berufsschule ermöglicht altersübergreifende Begegnungen. Ein weiteres wichtiges raumverbindendes Element sind die Treppen zwischen den Geschossen, die auch in den Garten führen. Sie sind so gestaltet, dass  die Kinder sie gerne und freiwillig verwenden und dass sie auch als Spielgerät oder für Vortragsituationen taugen. So entstehen breite Treppen mit Rutschen über bis zu zwei Geschoße. Die Freitreppen über die Terrassen dienen ebenfalls  als zusätzliche Fluchttreppen.

Die gelochte Profilfassade ermöglicht einen ephemeren Gebäudeabschluss ohne Attikablende und auslaufender Silhouette gegen den Himmel. Unter dem Lochblech ist eine hellblaue, wind- und wasserdichte Folie angebracht. Das Aussehen der Fassade verändert sich je nach Licht- und Wetterlage. Die Schule zeichnet sich durch ein höchst abstraktes und mehrdeutiges Erscheinungsbild aus. Damit läutet sie einen neuen Ansatz für die Schulgestaltung ein.

Video zum Schulgebäude: https://vimeo.com/507135242
 
Bauherrin: Stadt Wien, vertreten durch MA19 und MA56
Wettbewerb: Oktober 2016, 1.Preis
Planungsbeginn: Januar 2017
Baubeginn und Fertigstellung: August 2018-August 2020

Grundstück: 5.600 m²
Bebaute Fläche: 3.086 m²
Nutzfläche: 7.722 m²
BGF: 10.750 m²