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Riegler Riewe Architekten

Hauptbahnhof Innsbruck

Ort
Innsbruck
Der Neubau des Hauptbahnhofs Innsbruck ist Teil einer österreichweiten Offensive der ÖBB, die die Modernisierung von 43 Bahnhöfen in Österreich betrifft. Auffallendes städtebauliches Merkmal von Innsbruck ist seine Längsausrichtung, welche durch die Gleisanlagen der Bahn im rechten Winkel dazu deutlich unterbrochen wird. Obwohl die Züge in der Stadt großteils über Straßenniveau auf Viadukten geführt werden, stellt spätestens der Bahnhof eine reale Sperre quer zur Talrichtung dar. Auf diese stark determinierte städtebauliche Situation, die durch den engen und langen Bahnhofsvorplatz noch verschärft wird, wurde mit einem relativ niedrigen, sehr langen Baukörper mit extrem durchlässiger, regelmäßiger Gitterstrukturfassade, der ähnlich wie sein Vorgänger an der Ostseite des Platzes situiert ist, reagiert, jedoch um sechs Meter weiter nach hinten verschoben wurde. Dadurch rückt er aus der vorhandenen Straßenflucht und kann sich – klassisch raumbildend – als freigespielter Solitär gegenüber der restlichen dichten und hohen Bebauung am Südtiroler Platz behaupten. Um das Thema der Durchlässigkeit gruppieren sich die baulichen Maßnahmen im Detail:
Alle wesentlichen Funktionen wie Reisezentrum, Warte- und Geschäftsbereiche wurden in den zentralen, abgesenkten Teil der Bahnhofshalle gelegt. Das ermöglicht einerseits einen direkten Zugang von der Tiefgarage zur Halle und weiter zu den Zügen, andererseits freie Sicht von der Stadt auf die Bahnsteige und umgekehrt. Diese Transparenz funktioniert auf mehreren Ebenen: Der Bahnhof wird nicht mehr als trennendes, sondern als verbindendes Element im städtischen Kontext wahrgenommen. Der individuelle Übergang in den Zustand des Reisens, bzw. aus diesem heraus wird räumlich sichtbar. Die Entflechtung der einzelnen Abläufe von der Ankunft am Südtiroler Platz bis zur Abreise bzw. umgekehrt ergibt zusammen mit der Überschaubarkeit der Wegeführung und gefasst durch die formale Klammer der rot gefärbten Oberflächen von Platz und Baukörper eine klar lesbare, durchlässige Struktur von hoher Funktionalität. Gebrochen wird die Eindeutigkeit dieses Konzeptes durch die Geschlossenheit der Anlage in Längsrichtung sowie durch die Maßstabslosigkeit der Fassaden, welche aus einer fugenlosen Vervielfachung von lochfassadenähnlichen Strukturen resultiert, die ohne offensichtlichen Bezug zur innenräumlichen Situation in Summe einen stark sequentiellen, beinahe dematerialisierten und dennoch homogenen Gesamteindruck hervorrufen.

Eva Guttmann


Fotos: Nikolaus Schletterer