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schneider+schumacher

Info-Box, Berlin

©Jörg Hempel
©Jörg Hempel
Ort
Berlin
Gebäudekategorie
Museen, Galerien
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
1995
Material Fassade
Metall
Architektenpreis
Grand Prix des Deutschen Designer Clubs 2001; Kunstpreis Berlin – Baukunst Förderpreis 1997; BDA-Preis 1997; Deutscher Stahlbaupreis 1996
Architektur:    schneider+schumacher

„Die Informationsbox am Potsdamer Platz war ein Auftrag, wie er selten vorkommt. Von diesem modernen Belvedere aus ist nicht eine arkadische Landschaft, sondern das Chaos einer Mega-Baustelle zu besichtigen. Wie manche Projekte aus den Tagen der ‚Archigram'-Generation balanciert der ‚rote Kasten', Container und Plattform zugleich, auf scheinbar instabilen Beinen. Er wirkt nicht nur transitorisch, sondern ist auch tatsächlich ein temporäres, leicht demontierbares Gebilde. schneider+schumacher gelang es, diesem Mittelding zwischen Bau und Großgerät einen Optimismus mitzugeben, der den Bürgern angesichts von Baugruben und Baustellen längst abhanden gekommen ist.“
(Aus der Begründung der Jury für den Förderpreis Baukunst des Kunstpreises Berlin 1997 für das Büro schneider+schumacher)
Ausgangspunkt war ein eingeladener Wettbewerb, den die Senatsbauverwaltung Berlin zusammen mit den am Potsdamer Platz bauenden Investoren wie Sony und Daimler Benz im Oktober 1994 auslobten. Ziel war, einen Entwurf zu finden, der dem weltweiten Interesse an den baulichen Veränderungen im wiedervereinigten Berlin entspricht. Einen Informationspavillon, in dem die Investoren ihre jeweiligen Bauvorhaben mit Modellen, Computeranimationen und Plänen vorstellen konnten. Das Konzept, das den 1. Preis errang, schlug ein temporäres Gebäude vor, dessen Eigenheit und Originalität sich klar von den Gebäuden absetzt, die in der Umgebung errichtet werden. Die knallrote Kiste ist prägnant und leicht zu identifizieren, ist eine einfache und zugleich kraftvolle Geste, die sich mit ihren Stelzen vom umtriebigen Chaos der größten Baustelle Europas mit unzähligen Kränen, Gerüsten, Baumaterialien und Straßensperren abhebt und in ihr behauptet.
Aufgrund der extrem kurzen, jeweils drei Monate währenden Planungs- und Bauzeit wurde eine vorgefertigte Stahl-Beton-Verbundkonstruktion gewählt, die sich auch abbauen und an einem anderen Ort wiederaufbauen lässt. Die raue Konstruktion sowie auch die ruppige Detaillierung entspricht der spezifischen Aufgabenstellung eines Baustellenpavillons. Format und Farbe der einbrennlackierten Stahlpaneele, die die Box verkleiden, zitieren mit 2,50x 0,50 Metern ganz bewusst die am Bau verwendeten roten Betonschaltafeln. Der glatte, 62,50 Meter in der Länge und 15 Meter in der Breite messende Kubus wird freilich – für einen konventionellen Baustellencontainer völlig unüblich – mit Eckverglasungen aufgebrochen, die nicht nur die Maßstäblichkeit relativieren, sondern interessante Blickbeziehungen in und durch die Box hindurch ergeben. Erschlossen wird die selbstbewusst sieben Meter über den Boden schwebende Box durch einen Aufzug sowie durch eine filigrane Stahltreppe, die ein weiteres Mal das Temporäre des Gebäudes betont. Von dieser Treppe aus hat der Besucher einen reizvollen Blick zum Reichstag, zum ehemaligen Mauergelände und auf die Baustelle.

Im Oktober 1995 wurde die Infobox eröffnet, nach kurzem schon war sie zum Publikumsmagneten geworden. Bis zu 12.000 Schaulustige zog es täglich in die rote Kiste, im Februar 1998 konnte sie ihren viermillionsten Besucher begrüßen. Sie hat eine eigene Homepage, Talkshows wurden in ihr abgehalten und im Fernsehen übertragen, ihr Foto zierte Plakate und Postkarten, Stadtpläne und Senatsbroschüren. Und dass die Infobox auch eine Menge lobender Kritiken nicht nur in Fachblättern, sondern auch in Publikumszeitschriften, sowie mehrere Auszeichnungen–neben dem Förderpreis Baukunst auch den Deutschen Stahlbaupreis 1996 und den Berliner Architekturpreis 1996 – erhalten hat, belohnt das Anliegen, architektonische Qualität mit ökonomischer Vernunft und verständlichen Bildern zu verbinden.

Die Info-Box wurde im Januar 2001 demontiert.

Bauherr: Baustellenlogistik Potsdamer Platz
Architekt: Till Schneider, Michael Schumacher
Projektleitung: Kristin Dirschl
Bauleitung: Christian Jähnig, Berlin
Leistungen: LPH 1–9
Vergabeform: Wettbewerb
Datum: 1995–2001