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asp Architekten

Betriebshof Vogelsang

Achim Birnbaum
Achim Birnbaum
Ort
Stuttgart
Gebäudekategorie
Infrastruktur
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2020
Material Fassade
Holz
Am westlichen Stadtrand der Landeshauptstadt lagert und verlädt die AWS Abfallwirtschaft Stuttgart Streusalz und versorgt von hier aus die Städtischen Winterdienste mit Streugutmaterial. Gleichzeitig finden auf dem Gelände des neuen Stützpunkts Abfallprodukte ganzjährig einen Platz zur Zwischenlagerung und werden die Betriebsfahrzeuge und Abfallbehälter gereinigt.
Während der Betriebshof selbst „unbemannt“ geplant wurde, befinden sich im Umfeld des Geländes Wohnhäuser und Einrichtungen, die sich durch das Arbeitsaufkommen gestört fühlen könnten. Deswegen wurde im Vorfeld zu den Planungen ein schalltechnisches Gutachten beauftragt, das die Erstellung einer Schallschutzwand mit 4,30 Meter Höhe im Norden und Westen des Geländes erforderte. In einer zweiten Ausbaustufe soll der Betriebshof bemannt und mit Umkleidekabinen, Duschen, WCs und Sozialräumen ausgestattet werden.Besonders herausfordernd war es, im Rahmen des begrenzten Budgets zu bleiben und die Gebäude und Freiflächen auf der im Vergleich zum Bestand verkleinerten Grundfläche so anzuordnen, dass die Arbeitsprozesse optimal organisiert werden konnten. Betritt man das Areal über den Hauptzugang von der Straße „Unter dem Birkenkopf“, befindet sich rechterhand, auf nordöstlicher Seite, eine flache, riegelförmige Funktionsspange mit Lagerflächen für Abfallmaterial, Platz für Schüttboxen, einem Abstellraum für Altfahrräder und einer Garage für Radlader sowie einem Technikbereich. Auch ein minimaler, thermisch getrennter und beheizter Personalbereich mit Toilette steht hier zur Verfügung. Gegenüberliegend, auf der linken Seite, erhebt sich der deutlich höhere Hauptbau, der unter seinem Dach das Salzlager, ein Verladesilo und eine Anlage zur Soleerzeugung vereint – ein Unikum in Deutschland. Durch diese räumliche Konzentration lassen sich die einzelnen Arbeitsschritte vom Befüllen bis zum Beladen der Einsatzfahrzeuge taktgenau abstimmen. Je nach Witterung kann schnell und zuverlässig reagiert und das passende Streugut ausgewählt werden. Zum Befüllen des Salzlagers fahren die LKWs bis in die Lagerhalle ein und kippen dort ihre Ladung ab. Mittels Druckluft wird diese dann von einer Unterfluranlage in den nebenstehenden Verladesilo gepumpt. Zum Beladen können die Streufahrzeuge den Hauptbau durchfahren.
Der asphaltierte Innenhof, der sich im rückwärtigen Bereich des Areals großzügig öffnet, wurde innerhalb der eigentlich beengten Verhältnisse maximal nutzbar gestaltet. Er funktioniert nicht nur als Rangierfläche für Silozüge und Kipplaster. Hier befindet sich auch der Fahrzeugwaschplatz mit einer neuen Leichtflüssigkeitsabscheideanlage. Flächen für das Abstellen von Presscontainern sind direkt im Anschluss an die Lärmschutzwand hinter dem Salzflachlager vorgesehen.

Der obere Teil des Hauptbaus ragt weit über alle anderen Elemente hinaus. Die leicht transluzente, helle „Haube“ aus Polycarbonat-Stegplatten folgt dabei dem Knick in der Grundstücksform. Sie ist UV-beständig, wasserdicht und bruchsicher. Als Seitenwände kamen Mehrschichtholzplatten zum Einsatz, die von Stahlbetonlisenen gestützt werden. Die hölzernen Seitenwände schützen die konstruktiven Elemente vor den Einwirkungen des Salzes. Aus Korrosionsschutzgründen sind auch die weiteren Aufbauten im oberen Teil des Salzlagers vornehmlich in konstruktivem Holzbau erstellt.
Nach außen zeigt sich der AWS-Betriebshof mit Fassaden aus unbehandelten und unbesäumten Holzschwartenbrettern. Sie setzen sich in der als Stahl-Holzkonstruktion ausgeführten Schallschutzwand fort und fassen das Gelände damit als klar erkennbare Einheit. Zur Hofseite hin wird das Bild durch tragende Betonelemente und verschiebbare Tore und Türen geprägt. Alle Materialien setzen sich in die Innenräume fort, die wegen ihrer Lager- und Technikfunktionen einfach gehalten wurden.
Fast alle Dachflächen sowie der Vorbereich des Geländes sind begrünt. Auf dem Salzflachlager befindet sich zusätzlich eine Photovoltaikanlage.
Die vielschichtige Aufgabe wurde einerseits mit der notwendigen Pragmatik gelöst. Darüber hinaus stand bei der Neugestaltung aber immer der übergeordnete Anspruch im Vordergrund, einen Arbeitsort in Wert zu setzen. Und ganz nach dem Leitbild das Besondere im Alltäglichen herauszuarbeiten, lässt die transluzente Hülle des Hauptgebäudes – passend zur Funktion – Assoziationen an einen Salz- oder Eiskristall zu.