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Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten

RIZ - Neubau Regionales Innovationszentrum Energietechnik, Offenburg

Bernhard Strauss, Freiburg im Breisgau
Bernhard Strauss, Freiburg im Breisgau
Ort
Offenburg
Gebäudekategorie
Labor-, Forschungsgebäude
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2020
Material Fassade
Holz
Architektenpreis
Wettbewerb 2015 - 1. Preis
Auf dem neuen Campus-Nord der Hochschule Offenburg wurde der von Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten geplante Neubau für das Regionale Innovationszentrum Energietechnik fertiggestellt.
„Die Energiewende braucht Innovationstreiber. Damit es uns gelingt, die Elektromobilität in Kombination mit regenerativen Energien voranzubringen, braucht es intelligente Vernetzung und neuartige Energieanwendungen. Beides wird im RIZ Energie künftig erforscht. Das RIZ Energie verstärkt das Profil der Hochschule Offenburg und bietet den nötigen Freiraum, um mit innovativen Ansätzen die Energiewende voranzubringen“ - Theresia Bauer, Wissenschaftsministerin Baden-Württemberg


Die bauliche Entwicklung der Hochschule Offenburg war in den letzten Jahren dynamisch, so wurden auf dem bestehenden Campus u.a. Bibliothek und Mensa erweitert sowie einige Institutsgebäude neu errichtet. Aufgrund dieser baulichen Entwicklung und der Lage im Wasserschutzgebiet ist die weitere planerische Verdichtung auf dem landeseigenen Hochschulgelände nur noch eingeschränkt möglich. Als Erweiterungsfläche wurde daher durch die Kreisstadt Offenburg ein kommunales Grundstück nördlich des bestehenden Hochschulcampus zur Verfügung gestellt. Dieses bietet die Möglichkeit einen neuen Auftakt zum Campusareal zu generieren, somit auch das Erscheinungsbild der Hochschule im öffentlichen Raum zu stärken und diese baulich näher an die Innenstadt heranzuführen.

Als klares Gebäudevolumen besetzt das Regionale Innovationszentrum für Energietechnik (RIZ) mit der Straßenecke Badstraße / Südring den Auftaktpunkt zum neuen Campus. Zur Badstraße zeigt das Gebäude Präsenz als weitgehend geschlossener Baukörper, während sich im Westen eine große, offene Fassadenfläche zum zukünftigen Campus Nord wendet. Das vorhandene Gelände wurde für den Neubau um ca. 1,50 m auf das umgebende Straßenniveau angehoben. Ein großzügiger, schräger Einschnitt auf der Westfassade leitet die Fußgänger vom alten Campus aus der Unterführung kommend zum Haupteingang.

Das Gebäude gliedert sich in einen mehrgeschossigen Forschungstrakt mit Büros sowie in eine direkt daran angegliederte Versuchshalle (Technikum). Die Büroarbeitsplätze liegen in einer klar gegliederten Raumspange, die sich nach Westen mit Blick auf den Campus und die benachbarte Kinzig orientiert. Zwischen Technikum und den Forschungsarbeitsplätzen liegt eine Erschließungs- und Nebenraumzone, die immer wieder Blicke in die Halle ermöglicht. Die Sichtbezüge nach Außen zum Campus und in den Hallenbereich unterstreichen die Zusammengehörigkeit einer im Dialog stehenden und interdisziplinär arbeitenden Forschungsgemeinschaft.

Als Besonderheit wurden in der Bürospange sogenannte Forschungszonen geschaffen, die sich, über Lufträume verbunden, über die drei oberen Geschosse verteilen. Dadurch ergibt sich hier ein vertikal fließender Raum mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten und Sichtbezügen. Diese Zone kann aufgrund der brandschutztechnischen Einteilung in einen 400qm-Bereich, offen und kommunikativ möbliert werden. Ebenso ist eine zeitweise geschlossene Nutzung zur interdisziplinären Gruppenarbeit oder als Schulungs-, Präsentations- und Besprechungsräume möglich.
Mit direktem Zugang aus dem 3. Obergeschoss entfaltet sich auf dem Dach des Technikums ein offenes Außenlabor. Dieses wird im Osten durch die Lüftungs- und Heizungszentrale sowie einem zusätzlichen Außenlager begrenzt, wodurch ein geschützter und als „Forschungshof“ vielfältig nutzbarer Außenraum entsteht.

Das Tragwerk des Technikums bilden Stützen und Fachwerkträger aus heimischer Buche, die Spannweite beträgt rund 18 m. Buchenfurnierschichtholz besitzt eine hohe Festigkeit, eingesetzt in aufgelösten, Normalkraft beanspruchten Strukturen ist es sehr leistungsfähig und stellt eine nachhaltige Lösung dar, die der zukunftsweisenden Forschungseinrichtung vollumfänglich gerecht wird.
Der ergänzende Bürotrakt ist als Stahlbetonskelettbau ausgebildet, die massiven Kerne steifen beide Gebäudeteile aus.
Für die Fassade erschien Holz als konsequente Fortführung des Materialkanons und somit als sinnfällige Lösung. Die Außenwände besitzen Passivhausqualität, sie sind als Holzrahmenbaukonstruktion ausgeführt, bekleidet mit grau lasierten Kanthölzern aus Weißtanne.

Gebäude- und Energiekonzept wurden integral unter Berücksichtigung einer guten Energieeffizienz, einer hohen Arbeitsplatzqualität und einem innovativen Laborkonzept geplant. In den Büros trägt die individuelle Regelbarkeit der Raumtemperatur, der Lüftung, des Blend- und Sonnenschutzes zur Nutzerzufriedenheit bei. So wird ein hoher visueller (blendfreies Tageslicht und tageslichtabhängiges Kunstlichtkonzept mit Arbeitsplatzleuchte), akustischer (angepasste Schallabsorber und textile Oberflächen) und thermischer Komfort (Bauteilaktivierung in Mittellage zur Grundtemperierung und oberflächennahe Bauteilaktivierung zur individuellen Regelung) bei guter Raumluftqualität (mechanische Grundlüftung mit zusätzlicher Fensterlüftung) erreicht.

Der Wärme- und Kältebedarf des Gebäudes wird über Grundwasser aus einem Saug- und Schluckbrunnen bereitgestellt. Das Grundwasser wird im Winter als Wärmequelle für eine elektrische Wärmepumpe und im Sommer zur Kühlung verwendet. Um vorteilhaft Umweltenergie zum Heizen und Kühlen nutzen zu können, wurde eine Betonkernaktivierung umgesetzt. In der Bürospange werden die Decken aktiviert, im Technikum die Bodenplatte.
Das Gebäude wurde im Passivhausstandard mit einer hoch gedämmten Gebäudehülle realisiert, es wird mechanisch be- und entlüftet. Die Lüftungsanlage wird mit einem niedrigen elektrischen Energieverbrauch für die Ventilatoren und einem hohen Wärmebereitstellungsgrad der Wärmerückgewinnung betrieben.
Im niedrig beheizten Technikum bringen Quellluftauslässe an beiden Längsseiten der Halle die Zuluft zugfrei in Bodennähe ein. Eine Abluftöffnung unter dem Hallendach führt die Abluft zurück zur Lüftungsanlage. Um kurzzeitig auch hohe innere Wärmelasten abführen zu können, ist eine zusätzliche natürliche Lüftung über regen- und einbruchsichere Zuluftöffnungen im Erdgeschoss und Abluftöffnungen über Dach vorgesehen.

Eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Bürospange nutzt so viel regenerative Energie, dass die Primärenergieanforderungen nach EnEV um rund 70 % unterschritten werden.