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Hild und K

Gaststätte Donisl – Tradition und Moderne

Foto: Michael Heinrich
Foto: Michael Heinrich
Ort
München
Gebäudekategorie
Cafés, Bars, Restaurants
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2015
Material Fassade
Putz
Der nach seinem einstigen Pächter Dionysius Haertl so genannte „Donisl“ wurde im Jahr 1715 als „Bierwirtschaft am Markt“ eröffnet und ist damit das älteste bestehende Wirtshaus Münchens. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude vollständig zerstört und 1954 wieder aufgebaut. 1999 ging es in das Eigentum der Bayerischen Hausbau über, die sich 2012 zu einer Sanierung entschloss. Da die schlechte Bausubstanz der Traditionsgaststätte am Marienplatz einen Umbau nicht gerechtfertigt hätte, wurde sie bis auf die Fassade abgerissen und durch Hild und K Architekten komplett neu geplant.
Nun öffnet sich gleich hinter dem holzgetäfelten Foyer ein weiter, geschossübergreifender Gastraum. Mit dem von Säulen umsäumten Innenhof, in den sich Sitznischen schmiegen, beziehen sich Andreas Hild, Dionys Ottl und Matthias Haber typologisch auf die Alt-Münchner Laubenhöfe. Diese erweitern den Stadtraum in das Gebäude hinein und schaffen so einen urbanen Innenraum inmitten des Hauses. Im München des 21. Jahrhunderts ist diese traditionelle städtische Bauweise fast verschwunden, ein erhaltenes Beispiel jedoch findet sich in unmittelbarer Nähe des Marienplatzes: Der prächtige Innenhof der Alten Münze, dem Sitz des Landesdenkmalamts. Dem Komfort der Donisl-Gäste kommt es bei kühlen Außentemperaturen oder Regen sehr entgegen, dass der Lichthof der Gaststätte anders als seine Vorbilder überdacht ist. Die Glas-Stahl-Konstruktion lässt Tageslicht ein und kann überdies komplett zurückgefahren werden. Zumindest in den Sommermonaten wird so auch im Inneren des Wirtshauses ein Aufenthalt unter freiem Himmel möglich. Zu jeder Jahreszeit strahlt die Architektur eine heitere Beschwingtheit aus. Dazu tragen die unregelmäßigen Rundbögen und Tonnengewölbe bei, in denen Hild und K die historischen Vorbilder zum Tanzen bringen.
Eine große atmosphärische Rolle spielen auch die unterschiedlichen Blickbeziehungen im Raum, der ähnlich wie das Logenhaus im barocken Theater das Publikum selbst in Szene setzt. Durch die wie die Säulen asymmetrisch verteilten kreisrunden Fenster entsteht eine zusätzliche Beziehung zum Außenraum. Durch sie sieht der Gast in eine kleine innenstädtische Gasse, die durch den Umbau von ihrer Überdachung befreit wurde und sich nun – auch durch den Einblick in den Gastraum - als öffentlicher Raum von neugewonnener Qualität präsentiert.
Die Festverglasung der Fenster ziert ein schmiedeeisernes Gitter, für dessen Gestaltung die Fensterrosen alter Kirchen Pate standen. Die Rosette ist so etwas wie das Wahrzeichen des neuen Donisl. Sie findet sich in Variationen und Fragmenten im ganzen Gebäude wieder: Unter anderem als Stuckornament im Gastraum, in den neuen Absturzsicherungen der Bestandsfassade oder auch in den Verglasungen der Innentüren.
Diese sind wie auch die Holzvertäfelung, die festen Einbauten und die Stühle aus Birnenholz gefertigt. Die Tischplatten bestehen aus Ahornholz und die Böden im Obergeschoss wurden in Eiche ausgeführt. Insgesamt konzentriert sich der Innenausbau auf wenige, aber hochwertige Materialien. Häufig weisen diese einen regionalen Bezug auf, wie die einheimischen Hölzer oder der Wachenzeller Dolomit der Böden im Erdgeschoss. Alle Materialien werden – wie auch die Beschläge und Schankflächen aus Kupfer und Messing – mit der Zeit eine schöne Patina ansetzen. Entsprechend ausgestattet sind auch die kleinere Wirtsstube im Erdgeschoss und die beiden Säle im Obergeschoss, die für kleinere und größere Feste und Feiern zur Verfügung stehen.
Ein modernes Restaurant kommt nicht ohne umfangreiche technische Ausstattung aus. Funktionen wie Lüftung oder Tonanlage wurden geschickt in den Innenausbau integriert und so nahezu unsichtbar gemacht. Daneben stand die Planung bei diesem Projekt vor ganz besonderen Aufgaben, wie etwa der Realisierung eines „Bieraufzugs“, der die gekühlten Fässer direkt aus dem Keller zur Ausschankfläche im Erdgeschoss gefördert. Eine nicht alltägliche Herausforderung stellte auch die Planung des aus 20 zickzackförmig angeordneten Glasscheiben bestehenden Cabriodachs über dem Innenhof dar.
Am 7. Dezember 2015 – exakt 300 Jahre nach der ersten Eröffnung der Gaststätte – öffnete der „neue Donisl“ mit rund 520 Sitzplätzen im Innenbereich seine Pforten. Die Architekten würden sich freuen, wenn dies dazu beitrüge, die lange Geschichte bayerischer Wirtshauskultur mitten im München des 21. Jahrhunderts fortzuschreiben.