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Staab Architekten

Erweiterung Jüdisches Museum Frankfurt

Foto: Brigida González
Foto: Brigida González
Ort
Frankfurt am Main
Gebäudekategorie
Museen, Galerien
Bauvorhaben
Umbau
Jahr der Fertigstellung
2020
Material Fassade
Putz
Mit dem Erweiterungsbau wendet sich das Jüdische Museum einem größeren Publikum zu. Ein Bereich für Vorträge und Symposien, eine Fachbibliothek, Wechselausstellungen und ein Café bilden neben Werkstätten und Verwaltungsräumen die Bestandteile des ambitionierten Raumprogramms, das die Dauerausstellung in den historischen Gebäuden am Mainufer ergänzt.  
 
Zwei Zeiten, ein Ensemble
Das Baugrundstück im Garten der klassizistischen Palais liegt städtebaulich gesehen auf der Rückseite der Altbauten. Um den Erweiterungsbau mit dem neuen Haupteingang wirksam zu platzieren, ohne die historische Staffelung aus Villenzeile, Gärten und Wirtschaftsgebäuden aufzugeben, wurde der Neubau mit Abstand zu den Altbauten als Solitär konzipiert. Zu den seitlich gelegenen Wallanlagen hin wird er mit den Altbauten jedoch als Ensemble wahrgenommen, das einen Platzraum fasst, der als neuer Eingangshof und zukünftige Adresse des Museums dient.  Der Neubau ist so zugeschnitten, dass sich der Platzraum zu den Wallanlagen hin öffnet und in der Tiefe des Grundstücks schließt. Auf den öffentlichen Vorplatz folgt, der vorhandenen Senke des Grundstücks entsprechend, ein kleiner abgesenkter Garten, der von einer erhöhten Caféterrasse begrenzt wird. Unter der Terrasse verläuft die Verbindung des Neubaus zu den Altbauten. Diese feine Höhendifferenzierung des Geländes erzeugt unterschiedliche Außenräume und löst gleichzeitig komplexe funktionale Zusammenhänge von Neubau und Bestand.  
 
Ein unerwartetes Raumerlebnis
Ergeben sich die Außenkanten des Erweiterungsbaus vornehmlich aus der städtebaulichen Situation, so folgt das Innere einer klaren räumlichen Idee. Ausgehend von einem Monolith, der ein Gegengewicht zu den klassizistischen Bestandsbauten zu bildet, wurde aus dem Neubauvolumen eine zentrale Halle herausgeschnitten, in der sich die gesamte Programmatik des Hauses auf einen Blick erschließt.  Gelangt man vom Haupteingang in die Halle, zeigt sich geradeaus der Veranstaltungsbereich mit einem kleinen Foyer. Seitlich rückte eine breite Treppe ins den Blick, die den Weg zur Dauerausstellung in den Altbauten und zur Wechselausstellung im Untergeschoss weist. Darüber sieht man durch Fenster in das Café und die Bibliothek. Die großen Sichtbetonoberflächen und der freie Raumzuschnitt rufen einen geradezu archaischen Raumeindruck hervor, dessen Wirkung durch den Lichteinfall von oben noch gesteigert wird. Von dieser Mitte aus finden die Besucher intuitiv den Weg zu den unterschiedlichen Angeboten des Museums, sei es auf den verschiedenen Ebenen des Neubaus oder in den historischen Gebäuden am Mainufer.  Die Fassade des Neubaus spiegelt seine Entstehungszeit wider, greift aber mit der Putzfarbe, der Betonung des Sockels und der horizontale Gliederung der Fassade Charakteristika der klassizistischen Altbaufassaden auf. So wird die Ensemblewirkung der beiden Gebäudeteile auf verschiedenen Ebenen gestärkt: städtebaulich durch die Balance der Baukörper und die Rahmung des neuen Eingangshofes, funktional durch die gemeinsame Wegeführung und auf Fassadenebene durch einen spannungsvollen Dialog zwischen Alt und Neu.  
 
Behutsame Wiederherstellung der Palais
Die historische Struktur der Altbauten wurde im Zuge der Sanierung wieder lesbar gemacht, Einbauten aus den 1980er Jahren zurückgebaut. Die gut erhaltenen Räume im Rothschild-Palais wurden restauriert, stellenweise behutsam ergänzt und mit den Räumen im Nachbargebäude zu einem Museumsrundgang verbunden. Die Atmosphäre der historisch ausgestatteten Räume im Rothschild-Palais kontrastiert mit den Museumsräumen im Palais am Untermainkai 14, das keine bauzeitlichen Oberflächen mehr aufwies. Hier wurden die Räume in heutiger Architektursprache zurückhaltend ergänzt. Von  außen nicht sichtbar wurden am Übergang zu den Altbauten zwei Aufzüge integriert, die alle Ausstellungsflächen in den historischen Gebäuden barrierefrei zugänglich machen.