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ATELIER BRÜCKNER

Museum Tiroler Bauernhöfe

Foto: Gabriele Grießenböck
Foto: Gabriele Grießenböck
Ort
Kramsach
Gebäudekategorie
Museen, Galerien
Bauvorhaben
Umbau
Jahr der Fertigstellung
2015
Szenografie für ein Freilichtmuseum

Idyllische Landschaft und 37 historische Gebäude ziehen jährlich an die 70.000 Besucher nach Kramsach, Österreich ins Museum Tiroler Bauernhöfe. „Hier lässt es sich bequem durch gesamt Tirol wandern und dessen Geschichte entdecken,“ sagt Museumsleiter Dr. Thomas Bertagnolli. Zum 40-jährigen Bestehen hat sich das Freilichtmuseum mit einem neuen Leitsystem und einer neuen erzählerischen Struktur beschenkt. Die Eröffnung ist am 26. Juli.
ATELIER BRÜCKNER hat für das 8,5 Hektar große Areal eine konsistente, szenografische Sprache entwickelt, die sich respektvoll einbringt und zugleich optische wie inhaltliche Akzente setzt. „Wir beleben den historischen Bestand mit einer Narration und lassen ihn damit noch nachhaltiger wirken,“ sagt Uwe R. Brückner, Kreativdirektor ATELIER BRÜCKNER. „Gespielt werden vier Themen, die die Vergangenheit noch greifbarer und lebendiger machen: Landschaft, Wirtschaft, Gemeinschaft und Herrschaft.“
Jedem Thema ist ein Pavillonbau gewidmet, der einladend lichtdurchlässig aus Lärchenkanthölzern gestaltet, als Anlauf- und Orientierungspunkt auf dem weitläufigen Gelände dient. Er bietet Überblick und Aussicht, fokussiert den Blick auf bestimmte Landschaftsausschnitte und setzt diese in Bezug zur Geschichte. Das Licht- und Schattenspiel innerhalb des strengen Pavillons bietet einen besonderen Reiz. Es steht sinnbildlich für die Verzahnung der Themen mit der Umgebung. Die Themen selbst werden auf affichierten Aluminiumtafeln vorgestellt.
Die ausdrucksstarke Gestaltungssprache der Pavillonarchitektur greift das Leitsystem des Museums auf. Es begleitet den Besucher auf seinem 3,2 Kilometer langen Rundweg und begeistert ihn für die historischen Inhalte, die mit den Gebäuden verbunden sind. Wegweiser, Übersichtspläne und Infostelen stehen in respektvollem Abstand zu den Höfen, deren Erbauungszeit zwischen 1550 und 1720 liegt. Das gewählte Holz entspricht dem Baumaterial der Höfe und nimmt sich somit optisch zurück, während die kantige Formgebung und die farbigen Akzente der Infografik die notwendige Aufmerksamkeit wecken. Ein Dialog zwischen historischer und zeitgenössischer Formensprache entsteht.
In den Höfen sind die Themen der Pavillons als lebendige Geschichte aufbereitet. Filmische Projektionen fügen sich in die Innenräume ein. Einzelne Protagonisten berichten aus ihrem Leben und bieten mit ihren persönlichen Geschichten und authentischen Erfahrungen Einblicke in eine uns ferne Lebenskultur. Auf dem Trujer-Gregörler Hof, einem Gebäude aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, erzählen beispielsweise zwei Brüder, welche Auswirkung das Erbrecht auf sie haben wird. Jeder der Söhne wird nur einen Anteil behalten; das Land wird somit in immer kleinere Flächen zerteilt werden, wie dies der geteilte Trujer-Gregörler Hof selbst verdeutlicht.
Mitmachstationen auf den Höfen laden Kinder ein, die Schwerpunkthemen nochmals spielerisch-interaktiv für sich zu entdecken. An einer Waage können sie beispielsweise die Realteilung nachvollziehen oder an einem Schicksalsrad das Anerbenrecht kennenlernen. Sie fühlen sich persönlich angesprochen.
Über Translokation und Restaurierung der Höfe gibt das Eingangsgebäude des Museums Auskunft. Hier wird die Museumsgeschichte seit Gründung im Jahr 1974 vorgestellt. Die ursprünglichen Standorte der Höfe sind auf einer Landkarte Tirols eingezeichnet, die sich in der Raummitte als begehbare Bodenkarte ausbreitet. Hofmodelle sind mit dieser Bodenkarte verknüpft und geben die Gebäude dreidimensional en détail wieder.
Die neue Szenografie fügt alle Elemente des Museums zu einem konsistenten Erlebnis. Der Besucher erlebt das weitläufige Museumsareal als eine Einheit, durch die er geleitet wird. Auf seinem Weg taucht er in die Historie ein – hier wird Geschichte leichtfüßig erwandert.