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Gerber Architekten

Leuchtturm des Lernens für Dortmund

Die neuen Berufskollegs am Dortmunder U – Auftakt für das U-Viertel
© Gerber Architekten, Foto: HG Esch
© Gerber Architekten, Foto: HG Esch
Ort
Dortmund
Gebäudekategorie
Schulen
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2015
Material Fassade
Mauerwerk
Architektenpreis
Wettbewerb 1. Preis 2015
In Dortmund entsteht ein neues Viertel auf dem ehemaligen Gelände der Union Brauerei – das U-Viertel. Auftakt hierfür sind das Dortmunder U – das als ‚Gär- und Lagerkeller’ errichtete Hochhaus der Brauerei –, das von Gerber Architekten 2008–2010 in das Zentrum für Kunst und Kreativität umgewandelt wurde, sowie der neue Campus der Berufskollegs, der auf einer Teilfläche von 20.000 m² entstanden ist und eines der größten Schulzentren der Bundesrepublik darstellt. Gemeinsam bilden sie das Entree des Viertels und schaffen eine Verbindung zwischen dem Dortmunder Zentrum und der westlichen Innenstadt.

Das Ensemble der Berufskollegs gliedert sich in das Robert-Schuman-Berufskolleg, das als gerader Gebäuderiegel ausgebildet ist, und das Robert-Bosch-Berufskolleg, einen L-förmigen Bau. Zwischen den beiden wird ein zentraler öffentlicher Hof kreiert. Beide Gebäude sind im unteren Erdgeschoss miteinander verbunden, sodass sich ein kollegübergreifender Bereich mit Aula ergibt. Das 7-geschossige Bürogebäude im Süd-Osten des Baugrundstücks bildet zusammen mit dem U-Turm, dem Dortmunder U, das Tor zum U-Viertel. Ergänzt wird das Areal durch eine öffentliche Parkgarage im Sockelgeschoss.

Wesentlicher städtebaulicher Gedanke ist die Höhenstaffelung der beiden Kollegs, die den Blick auf das Dortmunder U freigibt. Offene Blickbezüge und Wegebeziehungen sowie ein differenziert und durchlässig angelegtes Freiflächenkonzept, unterstützt durch die Farbigkeit und Materialwahl aus rotgebranntem Klinker, charakterisieren das U-Viertel.


Städtebauliches Konzept
Auf einer 20.000 m² großen Teilfläche des ehemaligen Geländes der Union-Brauerei in Dortmund ist ein fünfteiliges Gebäudeensemble entstanden. Dieses besteht aus zwei Berufskollegs, einem übergeordneten von beiden Kollegs genutzter Bereich, einem Bürogebäude sowie einer Parkgarage. Gemeinsam tragen sie zur Belebung der ehemaligen Industriebrache bei und werten das Gelände zu einem neuen kreativen Viertel mit Verbindung zur Dortmunder Innenstadt auf.

Auf dem Gelände erscheinen die beiden Berufskollegs als voneinander getrennte und somit eigenständige Baukörper, sodass die unterschiedlichen Nutzungen auf einen Blick deutlich werden. Das Robert-Schuman-Berufskolleg, welches als gerader Gebäuderiegel parallel zur Bahnanlage ausgeformt ist, bildet den nördlichen Abschluss des U-Viertels. Das Robert-Bosch-Berufskolleg, als L-förmiger Baukörper ausgebildet, nimmt sowohl die Grundstücksgrenzen im Westen an der Ritterstraße als auch im Süden auf. Das Bürogebäude ist im südöstlichen Bereich des Grundstücks, an städtebaulich markanter Stelle, positioniert. Es nimmt Bezug zum deutlich höheren Turm des Dortmunder U auf und formt gemeinsam mit ihm den Eingangsbereich des U-Viertels und eröffnet den aus der Innenstadt kommenden Besuchern das neue Viertel.

Ein wesentlicher städtebaulicher Gedanke des Gebäudeensembles ist die Höhenstaffelung der beiden Berufskollegs, welche Blickbezüge zum Dortmunder U ermöglicht. Die alternierenden Gebäudehöhen und die sich daraus ergebende Kleingliederung des Gebäudevolumens fügen die Neubauten gut in die bestehende Umgebung ein. Weiterhin unterstreicht die Komposition der Baukörper die Präsenz des Dortmunder U, sodass es zu einem kulturellen Leuchtturm für Dortmund wird.

Zwischen den Berufskollegs und dem Bürogebäude spannen sich die Schulhöfe auf zwei unterschiedlichen Ebenen auf. Der untere Schulhof (86,65 üNN) ist dem Robert-Bosch-Kolleg zugeordnet und erschließt den kollegübergreifenden Bereich. Nordwestlich öffnet er sich und stellt damit eine Verbindung zur westlichen Innenstadt her. Der höhergelegene östliche Schulhof des Robert-Schuman-Kollegs (auf 90,60 üNN) wird geprägt von einem terrassierten Volumen, das oberhalb der Aula sich aus der Hoffläche entwickelt und als Veranstaltungsfläche dienen kann. In den Pausen können die Schüler die Fläche zusätzlich zum Sitzen nutzen. Über eine Treppe ist der obere Schulhof mit dem unteren verbunden. In Richtung Süden erweitert er sich zu einem öffentlichen Platz, der in die Leonie-Reygers-Terrasse am Dortmunder U übergeht. Parallel zur Brinkhoffstraße und die Topografie dieser aufnehmend, entwickelt sich eine Treppe im Sockelbereich, die den unteren Teil der Brinkhoffstraße mit dem Schulhof verbindet. Die Abfolge der Plätze und Schulhöfe mit ihren sich entsprechend der Topografie natürlich entwickelnden Treppen schaffen eine fußläufige, die verschiedenen Höhen überwindende, Verbindung von Dortmunds Zentrum zum westlichen Teil der Innenstadt. Gleichzeitig schaffen sie städtische Räume, die zum Verweilen und Kommunizieren einladen. Von den verschiedenen Plätzen aus eröffnen sich Ausblicke zur Innenstadt, zum Dortmunder U und zum Harenberg City-Center. Es entsteht ein neuer Stadtraum, der die Transformation einer ehemaligen Industriebrache hin zu einem belebten kreativen Stadtviertel unterstützt und ein neues Viertel schafft.

Ein wesentliches städtebauliches Gestaltungsmerkmal ist das Sockelgeschoss mit seinen vertikalen, die Klinkerfassade prägenden Öffnungen, aus dem die Volumen der Kollegs und des Bürogebäudes erwachsen und welches die Parkgarage aufnimmt. Durch einen Schlitz in der oberen Platzfläche in Ost-West-Richtung sowie durch Öffnungen in der Fassade wird die natürliche Belüftung der Garage ermöglicht. Die Parkgarage kann sowohl von den Berufskollegs als auch von der Öffentlichkeit genutzt werden.

Der neu entstandene Stadtraum wird durch die Fassadengestaltung des U-Viertels geprägt. Der gewählte Klinker greift die Materialität der früheren Union-Brauerei mit seinem Turm – dem heutigen Dortmunder U – auf, womit die städtebauliche Zusammengehörigkeit beider Areale hergestellt wird und das neue Viertel sich als Einheit präsentiert. Dies wird durch die Verwendung von rötlichen Beton-Pflastersteinen im Außenbereich sowie rötlichen Blockstufen bei den Außentreppen unterstrichen.


Architektonisches Konzept

Robert-Bosch-Berufskolleg
Entsprechend der eigenständigen Nutzung durch zwei voneinander unabhängigen Schulen erscheinen die beiden Berufskollegs als eigenständige Gebäude. Durch eine Verbindung beider Gebäudeteile auf der unteren Eingangsebene ergibt sich die Möglichkeit eines kollegübergreifenden Bereichs, der von beiden Schulen genutzt werden kann.

Das Robert-Bosch-Berufskolleg (RBBK) zeigt sich als einfacher L-förmiger Zweibundkomplex. Die Winkelform ermöglicht ein kompakteres Bauvolumen als das des I-förmigen Baukörpers des Robert-Schuman-Berufskollegs. Das bis zu sechsgeschossige Gebäude des RBBK entwickelt sich auf dem Gelände des unteren Hofs (86,95 m üNN).

Der Hauptzugang erfolgt über den Schulhof an der Nordseite des Gebäuderiegels. Ein zweigeschossiges Foyer zeichnet sich mit einer großzügigen Verglasung in der Fassade ab. Ein zweiter Zugang ist an der Südseite des Gebäudes auf demselben Geschoss möglich. Die Verwaltung der Schule wird über einen separaten Eingang von der Ostseite erschlossen.

Das Gebäude spiegelt in seiner Struktur wider, dass verschiedene Bildungsgänge in ihm unterrichtetet werden. So sind die einzelnen Fachbereiche auch von außen an den einzelnen Kuben ablesbar, die sich aus dem Volumen heraus entwickeln.

Robert-Schuman-Berufskolleg
Das Robert-Schuman-Berufskolleg (RSBK) ist als I-förmiger Gebäuderiegel ausgeformt und bildet den nördlichen Abschluss des U-Viertels wie auch des gesamten ehemaligen Brauerei-Geländes. Auch das RSBK ist als Zweibund organisiert. Der großzügiges, zweigeschossiges verglastes Foyer ermöglicht den Zugang sowohl auf dem unteren Platzniveau (86,95 m üNN) als auch auf dem oberen Niveau (90,60 m üNN).

Das RSBK ist zwei- bis siebengeschossig angelegt. Wie beim RBBK lässt sich von außen ablesen, dass die einzelnen Gebäudeeinheiten verschiedene Ausbildungsberufe beherbergen. Dabei sind die Räume für die unterschiedlichen Berufe jeweils als Gruppen organisiert, was für die Nutzer Übersichtlichkeit und Behaglichkeit schafft mit Raumfolgen, die sich selbst erschließen und kurze Wege entstehen lassen.

Kollegübergreifender Bereich
Signalisieren die Gebäude der beiden Berufskollegs durch ihre Ausformulierung die Eigenständigkeit des RBBK und des RSBK, so betonen sie durch eine bauliche Verbindung im Untergeschoss gleichzeitig die Kooperation der beiden Schulen: Im Zentrum des Schulcampus‘, wo der Höhenversprung der beiden Schulhöfe sich abzeichnet, erstrecken sich die kollegübergreifenden Räumlichkeiten – eine Aula mit einer Veranstaltungsfläche für bis zu 400 Personen sowie Konferenzräume, die von beiden Schulzentren genutzt werden können. Damit ist eine Verbindung beider Kollegs wie auch eine autarke Nutzung dieses Bereichs möglich. Von außen ist dieser Gebäudeteil als eine eigenständige treppenförmige Kubatur, die sich aus dem oberen Schulhof entwickelt und das Dach der Aula bildet, ablesbar. Nach Westen ansteigend ergibt sich ein gestufter Außenbereich für Veranstaltungen, der zudem als Erweiterung des Platzes und Sitzbereich für die Schüler dienen kann.

Bürogebäude
Direkt an der Brinkhoffstraße, im Südosten des Baugrundstücks gelegen, erstreckt sich oberhalb der öffentlichen Parkgarage ein 7-geschossiges Bürogebäude. Erschlossen wird das Gebäude von Westen über den Campusplatz, der ebenengleich mit dem Vorplatz des Dortmunder U ist und damit eine direkte Verbindung von Dortmunder U-Areal und dem Campus der Berufskollegs herstellt.

Garage
Im Sockelgeschoss des Gebäudeensembles befindet sich die öffentliche Parkgarage mit ca. 520 Stellplätzen. Sie ist als offene, licht- und luftdurchflutete Großgarage angelegt und erstreckt sich über drei Ebenen. Durch die im Sockelbereich offen gestaltete Fassade wird nicht nur die Orientierung in der Garage erleichtert und das Sicherheitsgefühl verbessert, sondern gleichzeitig eine natürliche Belüftung der Garage ermöglicht. Die vertikalen Öffnungen und die Klinkerverkleidung sind zudem ein wichtiges Gestaltungselement der Fassade der Garage.

Hintergrund
Die Ende 2015 fertiggestellten Berufskollegs am Dortmunder U – Das Viertel gehören zu den größten Schulzentren Deutschlands. Rund 6.000 Schülern bieten die beiden Kollegs Robert-Bosch und Robert-Schumann Platz zum Lernen und zur Vorbereitung auf den Beruf.
2012 wurden Gerber Architekten mit der Planung beauftragt. Nach gut zwei Jahren Bauzeit konnten die Berufskollegs im Dezember 2015 fertiggestellt und ab Januar bezogen werden.

Mit den Kollegs, dem kollegübergreifenden Bereich, dem Bürogebäude sowie der Parkgarage haben Gerber Architekten das zweite große Projekt im Dortmunder U-Viertel umgesetzt. Im Rahmen des Programms Ruhr.2010 hatten sie bereits den Turm der ehemaligen Union-Brauerei in Dortmund, der seinerzeit als Gär- und Lagerkeller diente, zu dem neuen Dortmunder U – Zentrum für Kunst und Kreativität umgestaltet.