driendl*architects
STIFT KLOSTERNEUBURG
Foto: Studio Krauss
Ein modernes Stiftsmuseum im hochbarocken Torso
Der Traum vom österreichischen Escorial
Als Kaiser Karl VI. im Jahre 1730 den italienischen Baumeister Donato Felice d’Allio damit beauftragte, den vor den Toren Wiens gelegenen mittelalterlichen Komplex des Stiftes Klosterneuburg nach dem Vorbild des Escorials in Madrid in eine barocke Sommerresidenz zu verwandeln, konnte niemand ahnen, dass das Stift sich bereits zehn Jahre später zu einem Abbruch der Bauarbeiten gezwungen sehen würde. Zu kostspielig war der Versuch gewesen, dem Diktat eines absolutistischen Herrschers Folge zu leisten, als dass die Stiftsherren nach dem überraschenden Ableben des kaiserlichen Auftraggebers im Jahre 1740 aufrichtiges Interesse an einer Fertigstellung des vermessenen Großprojektes besessen hätten. So blieb der barocke Stiftsteil bis in die jüngste Zeit weitgehend unvollendet.
Als driendl*architects im Jahre 2005 von den Augustinerchorherren den Auftrag erhielten, dem Stift mitsamt seiner Kunstsammlungen und Weinkeller zu einer zeitgemäßen Museumspräsentation zu verhelfen, bedeutete dies den Beginn einer unfreiwilligen Bergungsarbeit.
Bald schon stieß man auf umgenutzte, durch wilde Einbauten verbarrikadierte und verdunkelte Räume. Deren allmähliche Freilegung förderte das seltene Beispiel einer barocken Baustelle zutage.
„„Es war uns schnell klar, dass wir hier eine einzigartige barocke Lichtarchitektur vor uns hatten. Die Auf¬gaben bestand nun darin, das, was seit 1740 in unvollendetem Zustand verharrte, behutsam freizulegen, das Licht wieder seine Wirkung entfalten zu lassen. Wir inszenieren den Raum so, wie er ursprünglich gedacht war und fügen ein, was die neue Nutzung benötigt. Die frei stehenden Elemente für Kassa und Shop verdecken nichts von der ursprünglichen Monumentalität des Raumes, sondern ergänzen und füh¬ren ihn ins 21. Jahrhundert. Durch die gleichermaßen dynamische wie elegante Linie der gewählten Form treten der historische Bestand und die zeitgenössische Fertigstellung in einen ausgewogenen Dialog.“
Rohbau bleibt Rohbau
Nach hartnäckiger Überzeugungsarbeit konnte Architekt Georg Driendl schließlich mit der Unterstützung des Bundesdenkmalamtes die Chorherren für seine Entscheidung gewinnen, den Ziegelrohbau als Rohbau zu erhalten und lediglich die für ein modernes Museum notwendigen funktionellen Einbauten vorzunehmen.
Hierbei fanden keinerlei Standardlösungen Anwendung, ausschließlich eigene Anfertigungen kamen zum Einsatz, für die eine eigene Materialschiene entwickelt wurde. Anstatt einer Anbiederung an den Ziegelsteinbau des Stifts durch Materialaffinitäten Vorschub zu leisten, wurde bewusst auf Elemente aus Stahl, Glas und Terrazzo gesetzt und damit ein modernes Gegengewicht zum alten barocken Bestand geschaffen.
Wein- und Kulturweg
Die Präsentation der Geschichte des Stiftes, seiner Kunstsammlungen wie auch des modernen Stiftlebens vollzieht sich entlang der Stationen des so genannten Kulturweges.
Ein modulares Stecksystem, das ebenfalls auf Platten aus brüniertem Edelstahl basiert, bildet die Grundlage der Ausstellungsarchitektur. Parallel dazu verläuft der sogenannte Weinweg, der in den Weinkellern die Geschichte der Weingüter des Stiftes veranschaulicht.
Die ursprünglich verbaute Chorherrenstiege, die neuerdings Bildschirme mit Dokumentationen aus dem zeitgenössischen Stiftsleben säumen, weist heute wieder den Weg in die Sala Terrena.
Die Sala Terrena
Um ihrer neuen Nutzung als attraktives Museumsentree gerecht zu werden, musste auch die Sala Terrena, das eigentliche Herzstück des Umbaus, zunächst freigelegt und entrümpelt werden. Lange Zeit hatte sie als verbauter, finsterer Lagerraum ein unbeachtetes Dasein gefristet, obgleich sie mit den von dem italienischen Bildhauer Lorenzo Matielli geschaffenen acht Atlanten zu den reizvollsten und kunsthistorisch bedeutendsten Sälen des Stiftes gehört.
Nur wenige Handgriffe wurden benötigt, um die vermauerten Fenster freizulegen.
Fertigteilfenster mit Rahmen aus brüniertem Edelstahl und verspiegelte Lamellen aus poliertem Edelstahl wurden in die Fensteröffnungen eingesetzt.
Nun folgt das Licht wieder der barocken Raumgeographie, indem es Räume definiert und neu erschafft, und vollendet so das vor Jahrhunderten komponierte, lange verschüttete Lichtkonzept.
Auch sonst wurde nicht viel verändert in diesem Raum, wenig wurde hinzugefügt: Möbel für Shop und Kasse – dreidimensional gebogene Stahlelemente aus 10mm Stahlplatten – stehen nun in der Sala Terrena. Diese tonnenschweren Konstruktionen aus brüniertem Edelstahl, Schnecken genannt, wurden auf einer Werft in Istanbul hergestellt, nachdem der Versuch, sie im In- oder benachbarten Ausland anfertigen zu lassen, gescheitert war. Ihre einer liegenden Acht nachempfundene Form zitiert sowohl das Symbol für Unendlichkeit als auch die barocke Doppelschnecke und steht für den programmatischen Versuch des architektonischen Konzepts, den barocken Torso und seine zeitgenössische Vollendung in einen ausgewogenen Dialog treten zu lassen.
Der Traum vom österreichischen Escorial
Als Kaiser Karl VI. im Jahre 1730 den italienischen Baumeister Donato Felice d’Allio damit beauftragte, den vor den Toren Wiens gelegenen mittelalterlichen Komplex des Stiftes Klosterneuburg nach dem Vorbild des Escorials in Madrid in eine barocke Sommerresidenz zu verwandeln, konnte niemand ahnen, dass das Stift sich bereits zehn Jahre später zu einem Abbruch der Bauarbeiten gezwungen sehen würde. Zu kostspielig war der Versuch gewesen, dem Diktat eines absolutistischen Herrschers Folge zu leisten, als dass die Stiftsherren nach dem überraschenden Ableben des kaiserlichen Auftraggebers im Jahre 1740 aufrichtiges Interesse an einer Fertigstellung des vermessenen Großprojektes besessen hätten. So blieb der barocke Stiftsteil bis in die jüngste Zeit weitgehend unvollendet.
Als driendl*architects im Jahre 2005 von den Augustinerchorherren den Auftrag erhielten, dem Stift mitsamt seiner Kunstsammlungen und Weinkeller zu einer zeitgemäßen Museumspräsentation zu verhelfen, bedeutete dies den Beginn einer unfreiwilligen Bergungsarbeit.
Bald schon stieß man auf umgenutzte, durch wilde Einbauten verbarrikadierte und verdunkelte Räume. Deren allmähliche Freilegung förderte das seltene Beispiel einer barocken Baustelle zutage.
„„Es war uns schnell klar, dass wir hier eine einzigartige barocke Lichtarchitektur vor uns hatten. Die Auf¬gaben bestand nun darin, das, was seit 1740 in unvollendetem Zustand verharrte, behutsam freizulegen, das Licht wieder seine Wirkung entfalten zu lassen. Wir inszenieren den Raum so, wie er ursprünglich gedacht war und fügen ein, was die neue Nutzung benötigt. Die frei stehenden Elemente für Kassa und Shop verdecken nichts von der ursprünglichen Monumentalität des Raumes, sondern ergänzen und füh¬ren ihn ins 21. Jahrhundert. Durch die gleichermaßen dynamische wie elegante Linie der gewählten Form treten der historische Bestand und die zeitgenössische Fertigstellung in einen ausgewogenen Dialog.“
Rohbau bleibt Rohbau
Nach hartnäckiger Überzeugungsarbeit konnte Architekt Georg Driendl schließlich mit der Unterstützung des Bundesdenkmalamtes die Chorherren für seine Entscheidung gewinnen, den Ziegelrohbau als Rohbau zu erhalten und lediglich die für ein modernes Museum notwendigen funktionellen Einbauten vorzunehmen.
Hierbei fanden keinerlei Standardlösungen Anwendung, ausschließlich eigene Anfertigungen kamen zum Einsatz, für die eine eigene Materialschiene entwickelt wurde. Anstatt einer Anbiederung an den Ziegelsteinbau des Stifts durch Materialaffinitäten Vorschub zu leisten, wurde bewusst auf Elemente aus Stahl, Glas und Terrazzo gesetzt und damit ein modernes Gegengewicht zum alten barocken Bestand geschaffen.
Wein- und Kulturweg
Die Präsentation der Geschichte des Stiftes, seiner Kunstsammlungen wie auch des modernen Stiftlebens vollzieht sich entlang der Stationen des so genannten Kulturweges.
Ein modulares Stecksystem, das ebenfalls auf Platten aus brüniertem Edelstahl basiert, bildet die Grundlage der Ausstellungsarchitektur. Parallel dazu verläuft der sogenannte Weinweg, der in den Weinkellern die Geschichte der Weingüter des Stiftes veranschaulicht.
Die ursprünglich verbaute Chorherrenstiege, die neuerdings Bildschirme mit Dokumentationen aus dem zeitgenössischen Stiftsleben säumen, weist heute wieder den Weg in die Sala Terrena.
Die Sala Terrena
Um ihrer neuen Nutzung als attraktives Museumsentree gerecht zu werden, musste auch die Sala Terrena, das eigentliche Herzstück des Umbaus, zunächst freigelegt und entrümpelt werden. Lange Zeit hatte sie als verbauter, finsterer Lagerraum ein unbeachtetes Dasein gefristet, obgleich sie mit den von dem italienischen Bildhauer Lorenzo Matielli geschaffenen acht Atlanten zu den reizvollsten und kunsthistorisch bedeutendsten Sälen des Stiftes gehört.
Nur wenige Handgriffe wurden benötigt, um die vermauerten Fenster freizulegen.
Fertigteilfenster mit Rahmen aus brüniertem Edelstahl und verspiegelte Lamellen aus poliertem Edelstahl wurden in die Fensteröffnungen eingesetzt.
Nun folgt das Licht wieder der barocken Raumgeographie, indem es Räume definiert und neu erschafft, und vollendet so das vor Jahrhunderten komponierte, lange verschüttete Lichtkonzept.
Auch sonst wurde nicht viel verändert in diesem Raum, wenig wurde hinzugefügt: Möbel für Shop und Kasse – dreidimensional gebogene Stahlelemente aus 10mm Stahlplatten – stehen nun in der Sala Terrena. Diese tonnenschweren Konstruktionen aus brüniertem Edelstahl, Schnecken genannt, wurden auf einer Werft in Istanbul hergestellt, nachdem der Versuch, sie im In- oder benachbarten Ausland anfertigen zu lassen, gescheitert war. Ihre einer liegenden Acht nachempfundene Form zitiert sowohl das Symbol für Unendlichkeit als auch die barocke Doppelschnecke und steht für den programmatischen Versuch des architektonischen Konzepts, den barocken Torso und seine zeitgenössische Vollendung in einen ausgewogenen Dialog treten zu lassen.