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GERNER GERNER PLUS.

weritas - regionalzentrum und gebietsvinothek in kirchberg am wagram, niederösterreich

GERNER GERNER PLUS. | matthias raiger
GERNER GERNER PLUS. | matthias raiger
Faszinierend, wie der Wagram einst zustande kam. Während der letzten Eiszeit hatte sich hier Flugsand angelagert, der im Laufe von Jahrtausenden mehr und mehr wurde und schließlich eine eigene Sedimentschicht bildete, den so genannten Löss. Als sich das Eis vor rund 10.000 Jahren zurückzog, hinterließ es eine Geländekante, die bis heute das Gebiet nördlich der Donau in zwei Ebenen reißt.

Für die einen mögen metertiefe Abgründe abgrundtief fürchterlich sein, für die anderen jedoch bieten sie sich als waghalsig interessantes Bauland an, von dem sie die Finger nicht lassen können. So geschehen in Kirchberg am Wagram. Exakt auf der Lösskante balanciert, wie von Geisterhand gehalten, die neue Gebiets-
vinothek der Wiener Architekten GERNER GERNER PLUS. . Als hätten sie aus dem sandigen Löss einen Kristall geschürft, haben sie eine schiefwinkelige, grünlich schimmernde Glasbox geschaffen, die vorne und hinten schroff über das Gelände ragt. Ein Fund aus der Eiszeit. Nicht aus der letzten, sondern schon aus der nächsten.

Über eine lange Rampe, die bereits am Parkplatz anzusteigen beginnt, nähert man sich der neuen Gebietsvinothek, die im Herbst 2009 eröffnet wurde. 54 Winzer aus dem Wagram haben sich zusammengeschlossen, um hier unter einem gemein-
samen Dach ihre besten Flaschen auszustellen und zum Verkauf anzubieten. Und weil man den Geschmack von 54 Winzern nur schwierig unter einen Hut bringen kann, sind Andreas und Gerda Gerner dazu übergegangen, ein überaus schlichtes Händchen walten zu lassen. Ein gutes Motto in der zeitgenössischen Architektur.

Die Besucherinnen und Besucher gelangen, vorbei am Büro, direkt in den Verkostungsraum. Cremige und erdige Farben sowie edle Materialien prägen diesen lichtdurchfluteten und großzügig verglasten Raum. Dunkle Nuss, helles Leder, feines Essen. Und natürlich guter Wein. Die Choreografie lädt zu einem ersten Spaziergang entlang der Glasfassaden ein. Der Ausblick reicht über die Geländekante hinweg bis in des Nachbars Garten, wo eine Rebenreihe neben der anderen lössgenährte Trauben trägt.

Wie das Rohprodukt von den unterschiedlichen Weinbauern dieser Region verarbeitet wird, lässt sich, mit allen Sinnen und einem großen Glas in der Hand, an der Bar erfahren. Alle angebotenen Weine sind außerdem in der Vitrine an der Rückwand ausgestellt. Zwei von jedem Winzer, 108 sind’s insgesamt. Für die nötige Abkühlung zwischen dem Riesling und dem Grünen Veltliner sorgt eine stufenlos angeschlossene Terrasse mit Blick in die Baumkronen.

Einen Stock tiefer befindet sich das Weinlager. Auf insgesamt 250 Regalmetern können die Flaschen in großer Zahl gehortet werden. Aufgrund der heiklen Lager-
bedingungen, nach denen der Wein verlangt, ist dieser Bereich eine eigene Klimazone. Für besondere Veranstaltungen wie Weinseminare und diverse Veranstaltungen gibt es im Westen des Gebäudes einen 110 Quadratmeter großen und teilbaren Mehrzwecksaal. Riesige Glaswände geben die Sicht auf Weinberg und Abendsonne frei. Durch die angeschlossene Industrieküche können hier, aber auch im darüber liegenden Gastronomielokal, größere festliche Veranstaltungen abgehalten werden.

eckdaten zur architektur
Die neue Gebietsvinothek in Kirchberg am Wagram umfasst auf zwei Ebenen rund 550 Quadratmeter Nutzfläche. Das Gebäude ist in Stahlbeton-Bauweise ausgeführt, im Bereich der Glasfassade kamen außerdem Stahlstützen zum Einsatz. Aufgrund der vielen unterirdischen Flächen erscheint das Haus von außen kleiner, als es ist. Durch die grünlich graue Faserzement-Fassade und die nachträgliche Modellierung der Topografie fügt sich das Bauwerk nahtlos in die Landschaft. Einzig und allein die Glasbox ragt als Landmark deutlich sichtbar zwischen den Bäumen hervor.
Die Lage im Hang hat aber auch einen technischen Vorteil. Durch die Nutzung der Erdwärme erreicht das gesamte Haus Niedrigenergie-Standard, während die erdberührten Räume im Sommer angenehm kühl bleiben und den Klimatisierungsaufwand senken.
Das gesamte Gebäude ist barrierefrei begehbar. Über Rampen gelangt man in den Verkostungsraum im Obergeschoß sowie in die Seminar- und Lagerräume im Untergeschoß. Beide Stockwerke sind mit einem behindertengerechten WC ausgestattet.

aus „kristall im löss - die neue gebietsvinothek in kirchberg am wagram“, wojciech czaja

„Die Gegend rund um den Wagram ist landschaftlich und topografisch einzigartig. Für uns war von Anfang an klar, dass wir die prägende Geländekante in diesem Projekt aufgreifen möchten. Die kantige Glasbox, die auf dem porösen, sandigen Löss balanciert… das ist ein spannender Kontrast.“
Zitat GERNER GERNER PLUS.


client: marktgemeinde kirchberg am wagram
 
project manager: matthias raiger
 
assistance: peter blasl, laurenz vogel, oliver gerner, christian münster
 
competition / start: 2007
 
end: 2009
 
pics: GERNER GERNER PLUS. | matthias raiger


http://www.gernergernerplus.com/weritas.html
 
www.gernergernerplus.com