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grabowski.spork architektur

Aufstockung Niederwaldstraße 46+48

Aufstockung und Sanierung Niederwaldstraße 46-48
Jean-Luc Valentin
Jean-Luc Valentin
Ort
Wiesbaden
Gebäudekategorie
Geschosswohnungsbau
Bauvorhaben
Aufstockung
Jahr der Fertigstellung
2019
Material Fassade
Metall
Architektenpreis
BIGSEE Awards 2023 Winner Residential UDAD Awards 2023 Gold Winner Residential Apartment (built) 3. Preis Heinze ArchitekturAWARD 2022 - Nachhaltiger Wohnungsbau
Eine architektonisch eigenständige Aufstockung eines Geschosswohnungsbaus aus den 1950 Jahren lässt in der Innenstadt von Wiesbaden sechs zusätzliche Wohnungen entstehen. Die Ausführung als einfache vorgefertigte Holzrahmenkonstruktion auf einer Brettstapeldecke ist effizient und nachhaltig. Bestehende Wohngebäude aufzustocken und vertikal zu verdichten ist eine effiziente und nachhaltige Möglichkeit, in Städten neuen Wohnraum zu schaffen. Im Zuge von Sanierungs- und Nachverdichtungsmaßnahmen der GWW Wiesbadener Wohnungsbaugesellschaft GmbH in verschiedenen Wiesbadener Siedlungsstrukturen der Nachkriegsjahre wurde auch der Geschosswohnungsbau an der Niederwaldstraße 46–48 im Rheingauviertel Wiesbadens saniert und um ein eigenständiges Geschoss in Holzbauweise aufgestockt.

Die beiden Wohnhäuser sind Bestandteil einer Wohnanlage aus dem Jahr 1952, die in typischer Zeilenwohnbebauung nach den Prinzipien der aufgelockerten und gegliederten Stadt errichtet wurde. Die Wohnanlage besteht aus insgesamt acht parallel stehenden Geschosswohnungsbauten und entstand auf einer Brachfläche, die den heutigen Übergang vom historisch gewachsenen gründerzeitlichen Kerngebiet Wiesbadens zu den anschließenden Stadterweiterungsgebieten markiert. Die beiden Kopfbauten der Siedlung stehen auf einem dreieckigen Grundstück, dass sich zwischen der Niederwaldstraße und dem Konrad-Adenauer-Ring aufspannt. Die beiden Häuser orientieren sich, weithin sichtbar, zum Karlsplatz, einem vielbefahrenen Kreuzungspunkt. Zwischen den Bauten liegt jeweils ein für die Typologie typischer begrünter Zwischenraum mit Rasenfläche und Bewuchs. Auch zum Karlsplatz sind die Häuser mittlerweile von einem hochgewachsenen Baumbestand umgeben, der im Sommer für einen dichten Sichtschutz bis in die oberen Geschosse sorgt.

Sanierung Bestand
Die bestehenden räumlichen Strukturen des Bestands blieben bei der Maßnahme bis auf die Treppenhäuser weitestgehend unverändert. Die nachträgliche Integration der Aufzugsanlage in die bauliche Struktur war jedoch eine wesentliche Voraussetzung, die beiden Gebäude unter Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen aufzustocken. Dafür wurden die bestehenden Treppenhäuser abgebrochen und durch ein neue Treppenanlage mit einläufiger Treppe und neuem Fahrstuhl ersetzt. So werden alle Wohnungen bis ins Dachgeschoss barrierefrei erschlossen. Die ebenfalls neugestalteten Eingangsbereiche bilden klare Adressen im Stadtraum und bieten dank einem großen Vordach einen guten Wetterschutz. Die neue thermische Hülle des Bestands spart Energiekosten und senkt so den CO2-Fußabdruck. Alle Mietwohnungen wurden auf einen technisch zeitgemäßen Stand gebracht. Eine dezentrale mechanische Belüftung mit Wärmerückgewinnung sorgt nun für geregelten Luftmassenaustauch und erhöhten Schallschutz zur vielbefahrenen Straße. Aus demselben Grund wurden die vorhandenen Balkone mit vollverglasten Faltschiebeelementen versehen. Außerdem wurden die Bäder und die konventionelle Haustechnik komplett erneuert.

Aufstockungen
Die Aufstockungen setzen sich durch die Verkleidung mit farbig beschichteten Metallschindeln deutlich vom Bestand ab. Zusammen mit den diagonal angeschnittenen Seiten- und Dachflächen wirken sie wie aufgesetzte Guckkästen auf dem Bestand. Die Dachwohnungen sind modern großzügig und offen geschnitten. Jeweils drei Wohngrundrisse entwickeln sich um die mittig eingeschnittenen Erschließungen. Jede Wohnung verfügt über eine eigene Dachterrasse, die jeweils von mehreren Räumen erreicht werden kann.

Für die Aufstockung wurde der flach geneigte Dachstuhl abgetragen und das Haus um ein Vollgeschoss in Holz-Rahmenbauweise ergänzt. Durch die Verwendung von Holz als leichten Baustoff musste die Statik des Hauses nicht zusätzlich ertüchtigt werden. Das Volumen der Aufstockungen wurde mit einer Brettstapeldecke direkt auf die Dachgeschossdecke aufgesetzt. Die Zwischenräume wurden mit Mineralwolle ausgedämmt und die Deckenkonstruktion oberseitig mit einer OSB-Plattenlage ausgesteift und abgeschlossen. Über einer acht Zentimeter starken ungebundenen Schüttung bilden zehn Millimeter Trittschalldämmung aus Mineralwolle und zwei lagen Gipsfaser-Platte (Trockenestrich) den Abschluss des Fußbodenaufbaus. Die hinterlüfteten Außenwände sind als Holz-Rahmenbaukonstruktion vorgefertigt. Die Außenflächen sind entweder verputzt oder mit beschichteten Zinkblechschindeln als Außenhaut versehen. Auf den Längsseiten kragen die Balkone über den Bestand aus. So wird die Eigenständigkeit der Aufstockungen zusätzliche betont und gewinnt zusätzlich mehr Mietfläche. Die Seitenwände und die Dachuntersicht sind diagonal angeschnitten und laufen zu den Enden schmal aus. Dadurch wird die Terrasse dreiseitige eingefasst und so wirken die Aufstockungen wie aufgesetzte Guckkästen, die sich deutlich vom Bestand abheben und den Häusern eine neue, außergewöhnliche Ansicht verleihen.