AAg LoebnerSchäferWeber
Raphaelkirche Pforzheim
Bernhard Friese
Die Aufgabe
Die Baustofflichkeit soll ein Spannungsfeld eröffnen zwischen warm und kalt, rau und fein, offen und geborgen, hinfällig und dauernd, hell und dunkel. Der Zwischenraum soll blühen, der Bau selber sich zurücknehmen. Er soll lauschen. Auf das, was in und um ihn herum geschieht. Auf das Unerhörte am Altar, auf sein Licht, aber auch auf jenes der Sonne. Eine Kirche, die mehr Stall ist, als Tempel, eher Werkstatt als Palast.
In der Enge der Baulücke, mit und nicht gegen die Gegebenheiten des Ortes, einen Freiraum schaffen. Ein sinnliches Instrument erstellen zur Wahrnehmung des Übersinnlichen.
Ein Instrument
Die schwere Tür zum Altarraum dreht sich auf einer Achse. Das Türblatt schwingt zugleich hinaus und hinein. Es wendet.
Durch die Flanke eintreten in den Raum. Ein nüchternes Gehäuse, aber wie wohnt da die Stille! -In diese hineingehen und dann: umgeben sein von Lichtflut und Lichtebbe, von einer Plastik des kommenden und gehenden Lichtes. Darauf lauschen – links unten im Westen drängt es herein und macht den Bretterboden zum honiggelben Floß. Wandeln wie auf Wasser.
Im Norden taut Licht von oben herab, die monolithische Wand, sie ist doch gewiss vollständig gerade und rau betoniert, empfängt hierüber eine feine Biegung und beginnt zu schimmern. Eine Säule, mehr Stab oder Stimmstock, trägt die Decke, die hier zur Luke gen Himmel wird.
Rechts im Osten Farbverdichtung. Pures Pigment. Dunkelvioletter Grund. Davor das Wachs der Kerzen und das Gewicht des Altars. Daneben im Süden, eine Kerbe, ein Durchbruch wieder zum Sonnenlicht.
Und in der Leibung lagern Weihrauch, Wasser und Wein.
Ein Wort von Celan stellt sich ein: „Fern allen Himmeln, nah allen Himmeln, wie wacht es sich da, wie tut sich die Welt uns auf, mitten durch uns... O, diese wandernde leere gastliche Mitte!“ – Wir sind in einem Raum, der die Mitte im Sinn hat, ohne sie zu fixieren. Er lässt sie sich ereignen.
Wie war das gewesen beim Einbiegen in die Turmstraße? Kein Kirchturm, kein Kreuz, stattdessen ein Rostrot, warm und erdig, hineinragend in den Luftraum der Strasse. Ein hoher Kasten, der etwas birgt, sein Inneres vor äußerem Einblick bewahrt. Unter diesem Kirchschiff dann aber nichts als Durchblick! Ein Foyer, das die Straße verbindet mit dem Baumhof ganz hinten. Der wieder ein anderer Hort der Ruhe. Steinsetzungen im Kiesbett, Weißdorn, Gräser und Farne. Von hier sickert ein wenig Tageslicht noch in die Krypta.
Der Gegenpol hierzu auf dem Kirchdach. Terrassen mit Horizontblick. Und zwei helle, leichte Räume fürs Gespräch.
Der Bau
Auf einem beengten Grundstück in der Innenstadt Pforzheims wurde der Altbau der Christengemeinschaft abgebrochen und ein Neubau mit Kirchenraum, Gemeindesaal und Gruppenräumen errichtet. Er hat über die funktionalen Anforderungen hinaus durch eine wahrhaftige Haltung zu bestehen: Eine authentische Erscheinung, die weniger sich selbst als den Inhalt zum Leuchten bringt, eine Heimstatt für die Gemeinde, ein Ruhepol, der Kraft spendet, aber auch die Außenwelt zu Neugier einlädt.
Ein massives Haus aus Beton, an dessen Wänden erkennbar ist, wie sie entstanden sind.
Mit dieser kraftvollen Struktur der Wände, Stützen und Decken verbinden sich wenige Materialien, vornehmlich geöltes Holz für Stufen, Wandverkleidungen und Möbel sowie klares Glas zu einem ausgeglichenen, jedoch keineswegs spannungslosen Ganzen.
Die Menschen und die Alltagsdinge heben sich mit Ihrer Besonderheit und Schönheit vor diesem Hintergrund ab.
Im Erdgeschoss öffnet sich der Straßenraum in das Gebäude hinein durch das Foyer und den etwas erhöht liegenden Gemeindesaal hinweg bis in den rückwärtigen Hof wieder ins Licht.
Wenige Einbauten, großzügige Verglasungen und der unbehandelte Sichtbeton sparen einen offenen, hellen Veranstaltungsbereich aus, der zu Aktivitäten einlädt.
Im halbversetzten Untergeschoss sind außer den Nebenräumen eine mit zartem, indirekten Licht gestimmte Krypta und ein Arbeitsraum zum Hof untergebracht.
Der Kirchenraum im ersten Obergeschoss ist als Langhaus konzipiert, welcher sich mit einer Kortenstahlverkleidung in den Straßenraum hinaus schiebt.
Ganz aus Sichtbeton mit rauer Brettschalung besticht der Innenraum durch eine subtile Lichtführung aus einem Oberlicht im Norden und einem Unterlicht im Westen. Die verhaltene asymmetrische Ausbildung ermöglicht Ausgewogenheit in Bewegung.
Im Obersten Geschoss sind ein Gruppenraum, zwei Dachterrassen und ein intimer Gesprächsraum untergebracht, dessen Blick ganz introvertiert durch ein großes Fenster gegen eine raue Betonwand geht, die mit Sonnenlicht beschienen ist.
Bauherr
Evangelische Kirche in Pforzheim
Architekten
AAg LoebnerSchäferWeber BDA
Freie Architekten GmbH
Fotos
Bernhard Friese Architekturfotografie
Ort
Turnstraße 5
75173 Pforzheim
Fertigstellung
2005
Die Baustofflichkeit soll ein Spannungsfeld eröffnen zwischen warm und kalt, rau und fein, offen und geborgen, hinfällig und dauernd, hell und dunkel. Der Zwischenraum soll blühen, der Bau selber sich zurücknehmen. Er soll lauschen. Auf das, was in und um ihn herum geschieht. Auf das Unerhörte am Altar, auf sein Licht, aber auch auf jenes der Sonne. Eine Kirche, die mehr Stall ist, als Tempel, eher Werkstatt als Palast.
In der Enge der Baulücke, mit und nicht gegen die Gegebenheiten des Ortes, einen Freiraum schaffen. Ein sinnliches Instrument erstellen zur Wahrnehmung des Übersinnlichen.
Ein Instrument
Die schwere Tür zum Altarraum dreht sich auf einer Achse. Das Türblatt schwingt zugleich hinaus und hinein. Es wendet.
Durch die Flanke eintreten in den Raum. Ein nüchternes Gehäuse, aber wie wohnt da die Stille! -In diese hineingehen und dann: umgeben sein von Lichtflut und Lichtebbe, von einer Plastik des kommenden und gehenden Lichtes. Darauf lauschen – links unten im Westen drängt es herein und macht den Bretterboden zum honiggelben Floß. Wandeln wie auf Wasser.
Im Norden taut Licht von oben herab, die monolithische Wand, sie ist doch gewiss vollständig gerade und rau betoniert, empfängt hierüber eine feine Biegung und beginnt zu schimmern. Eine Säule, mehr Stab oder Stimmstock, trägt die Decke, die hier zur Luke gen Himmel wird.
Rechts im Osten Farbverdichtung. Pures Pigment. Dunkelvioletter Grund. Davor das Wachs der Kerzen und das Gewicht des Altars. Daneben im Süden, eine Kerbe, ein Durchbruch wieder zum Sonnenlicht.
Und in der Leibung lagern Weihrauch, Wasser und Wein.
Ein Wort von Celan stellt sich ein: „Fern allen Himmeln, nah allen Himmeln, wie wacht es sich da, wie tut sich die Welt uns auf, mitten durch uns... O, diese wandernde leere gastliche Mitte!“ – Wir sind in einem Raum, der die Mitte im Sinn hat, ohne sie zu fixieren. Er lässt sie sich ereignen.
Wie war das gewesen beim Einbiegen in die Turmstraße? Kein Kirchturm, kein Kreuz, stattdessen ein Rostrot, warm und erdig, hineinragend in den Luftraum der Strasse. Ein hoher Kasten, der etwas birgt, sein Inneres vor äußerem Einblick bewahrt. Unter diesem Kirchschiff dann aber nichts als Durchblick! Ein Foyer, das die Straße verbindet mit dem Baumhof ganz hinten. Der wieder ein anderer Hort der Ruhe. Steinsetzungen im Kiesbett, Weißdorn, Gräser und Farne. Von hier sickert ein wenig Tageslicht noch in die Krypta.
Der Gegenpol hierzu auf dem Kirchdach. Terrassen mit Horizontblick. Und zwei helle, leichte Räume fürs Gespräch.
Der Bau
Auf einem beengten Grundstück in der Innenstadt Pforzheims wurde der Altbau der Christengemeinschaft abgebrochen und ein Neubau mit Kirchenraum, Gemeindesaal und Gruppenräumen errichtet. Er hat über die funktionalen Anforderungen hinaus durch eine wahrhaftige Haltung zu bestehen: Eine authentische Erscheinung, die weniger sich selbst als den Inhalt zum Leuchten bringt, eine Heimstatt für die Gemeinde, ein Ruhepol, der Kraft spendet, aber auch die Außenwelt zu Neugier einlädt.
Ein massives Haus aus Beton, an dessen Wänden erkennbar ist, wie sie entstanden sind.
Mit dieser kraftvollen Struktur der Wände, Stützen und Decken verbinden sich wenige Materialien, vornehmlich geöltes Holz für Stufen, Wandverkleidungen und Möbel sowie klares Glas zu einem ausgeglichenen, jedoch keineswegs spannungslosen Ganzen.
Die Menschen und die Alltagsdinge heben sich mit Ihrer Besonderheit und Schönheit vor diesem Hintergrund ab.
Im Erdgeschoss öffnet sich der Straßenraum in das Gebäude hinein durch das Foyer und den etwas erhöht liegenden Gemeindesaal hinweg bis in den rückwärtigen Hof wieder ins Licht.
Wenige Einbauten, großzügige Verglasungen und der unbehandelte Sichtbeton sparen einen offenen, hellen Veranstaltungsbereich aus, der zu Aktivitäten einlädt.
Im halbversetzten Untergeschoss sind außer den Nebenräumen eine mit zartem, indirekten Licht gestimmte Krypta und ein Arbeitsraum zum Hof untergebracht.
Der Kirchenraum im ersten Obergeschoss ist als Langhaus konzipiert, welcher sich mit einer Kortenstahlverkleidung in den Straßenraum hinaus schiebt.
Ganz aus Sichtbeton mit rauer Brettschalung besticht der Innenraum durch eine subtile Lichtführung aus einem Oberlicht im Norden und einem Unterlicht im Westen. Die verhaltene asymmetrische Ausbildung ermöglicht Ausgewogenheit in Bewegung.
Im Obersten Geschoss sind ein Gruppenraum, zwei Dachterrassen und ein intimer Gesprächsraum untergebracht, dessen Blick ganz introvertiert durch ein großes Fenster gegen eine raue Betonwand geht, die mit Sonnenlicht beschienen ist.
Bauherr
Evangelische Kirche in Pforzheim
Architekten
AAg LoebnerSchäferWeber BDA
Freie Architekten GmbH
Fotos
Bernhard Friese Architekturfotografie
Ort
Turnstraße 5
75173 Pforzheim
Fertigstellung
2005