Zurück zum Profil
DIA Dittel Architekten GmbH

Deutsches Generalkonsulat in São Paulo

DIA Dittel Architekten verantwortet als Generalplaner die Realisierung des deutschen Generalkonsulats in São Paulo
Maira Acayaba
Maira Acayaba
Ort
São Paulo
Gebäudekategorie
Behörden, Regierungsgebäude
Bauvorhaben
Sanierung
Jahr der Fertigstellung
2021
Material Fassade
Glas
Auf Grundlage eines weltweit einheitlichen Corporate Designs deutscher Auslandsvertretungen, verantworten DIA Dittel Architekten als Generalplaner die Realisierung des deutschen Generalkonsulats für das Auswärtige Amt in der größten lateinamerikanischen Megacity São Paulo. Das Pilotprojekt gilt als erste ganzheitliche Umsetzung des von den Architekten entwickelten Gestaltungsleitfadens. Dieser dient bei zukünftigen Bauvorhaben als Grundlage für ein einheitliches Erscheinungsbild von deutschen Auslandsvertretungen, wie Botschaften und Konsulaten, welches die Bundesrepublik Deutschland in allen Ländern und Kulturen der Welt angemessen repräsentiert.

In einem interdisziplinären Wettbewerb setzten sich DIA Dittel Architekten 2014 mit ihrem Konzept für die Gestaltung des baulichen Corporate Designs deutscher Auslandsvertretungen gegen zahlreiche Mitbewerber durch. Das Corporate Design versteht sich dabei nicht als exakte Wiederholung, sondern gibt einen gestalterischen Rahmen vor, um auf lokale Gegebenheiten und individuelle Anforderungen der Vertretungen hinsichtlich des Standorts, Verfügbarkeit von Materialien oder klimatischen Bedingungen reagieren zu können. Neben einer repräsentativen Außendarstellung wirkt das neue Gestaltungskonzept gleichermaßen nach innen. Es bietet den Mitarbeiter:innen Orientierung und Identifikation in einem qualitätsvollen Arbeitsumfeld. »Klarheit, Einfachheit und Eleganz« - drei übergeordnete Begriffe, die die inneren Werte der Bundesrepublik Deutschland auf visueller Ebene transportieren und sich in der Grundrisszonierung, Innenraumgestaltung und Ausstattung der Räume widerspiegeln.

Das deutsche Generalkonsulat in São Paulo befindet sich mit einer Fläche von rund 1.8oo Quadratmetern im Hochhaus “Pátio Victor Malzoni” im Stadtteil Itaim Bibi. Das von Botti Rubin Arquitetos entworfene Gebäude zählt zu den wichtigsten architektonischen Wahrzeichen der Stadt São Paulo. Mit einer Spannweite von mehr als 40 Metern, 168.000 Quadratmetern bebauter Fläche, 20 Stockwerken und einer Tiefgarage mit sechs Untergeschossen steht das Gebäude mit seiner modernen Architektur aus halb verspiegeltem Glas im Kontrast zu den restaurierten Stampflehmwänden der angrenzenden “Casa Bandeirista”. Das historische Gebäude aus dem 18. Jahrhundert im Stil der traditionellen ländlichen Kolonialarchitektur São Paulos wird durch den modernen Gebäudekomplex eingerahmt und spannungsvoll ergänzt.

Flächenzonierung:
Der bis zur achten Etage geteilte Baukörper strukturiert die Fläche des Generalkonsulats in einen U-förmigen Grundriss, angegliedert an einen zentralen Versorgungskern für Treppenhaus, Aufzüge, WC-Anlagen und Nebenflächen. Die Planung folgt, wie bei allen Auslandsvertretungen, strengen Sicherheitsanforderungen. Generell gilt eine Zweiteilung in einen öffentlich zugänglichen Bereich und einen gesicherten Bereich für die Kanzleimitarbeiter:innen. Das neue Gestaltungskonzept fasst in der Gebäudemitte alle Nebenräume zu einem schlichten, kompakten Gebäudekern zusammen und bündelt Funktionsbereiche mit Tageslichtbedarf entlang der Fassade zu unterschiedlich großen Raumclustern. Durch die Cluster entstehen im Flurbereich abwechselnd geschlossene und offene, gemeinschaftlich genutzte Zonen. Mit dieser Neuinterpretation des Grundrisses wird eine Auflösung des „Behördenflurs“ erreicht. Gleichermaßen transportieren die aufgebrochenen Raumstrukturen die Werte von Transparenz und den außenpolitischen Leitfaden Deutschlands: „Gemeinschaft“.

Der Zugang vom Aufzug bzw. dem Treppenhaus führt sowohl Besucher:innen als auch Kanzleimitarbeiter:innen auf direktem Weg in den Eingangsbereich der deutschen Auslandsvertretung. Der Empfang mit Torbogensonde und Sicherheitskontrolle regelt den Zugang zur öffentlichen Rechts-, Konsular- und Visastelle. Die raumhohe Glasfassade sorgt für viel Tageslicht sowohl im Warte- und Schalterbereich als auch auf der Sachbearbeiter-Seite und im Backoffice der Visastelle. Im Wartebereich laden komfortable Sitzbänke ein, Platz zu nehmen und einen Blick auf die Infowand zu werfen. Diese bietet Platz für integrierte Funktionen wie Schreibpult, Personenaufrufanlage, Infoscreens, Prospekthalter und Wechselgrafiken.

Die gesicherte Kanzleifläche mit den Arbeitsplätzen wird vom Empfang über eine Sicherheitsschleuse mit Pförtner erschlossen. Von dem Eingangsbereich besteht direkter Sichtbezug zum zentral angeordneten Foyer, das die erste Anlaufstelle in der Kanzlei darstellt. Wie die Büros der Kanzleimitarbeiter:innen, bietet es an der Glasfassade verortet, natürliche Belichtung für eine angenehme Raumatmosphäre. Durch ein flexibles Trennwandsystem kann der angrenzende Konferenzraum mit dem Foyer für Veranstaltungen zu einer Fläche zusammengeschaltet und bei Bedarf mit einer sinnvollen Reihenbestuhlung ausgestattet werden.

Zwei großzügige Teeküchen mit Aufenthaltsbereich, die in den Flurerweiterungen zwischen den Clustern der Büroräume integriert sind, dienen als Kommunikationszonen und laden die Mitarbeiter:innen zum Verweilen ein. Die Stirnseiten der Cluster haben abgerundete Ecken und nehmen hochwertige Einbaumöbel auf, welche in Form von Garderobe, Stauraum, Sitznischen oder Küchenzeilen die Flurerweiterungen funktional bedienen. Die Räume der Dienststellenleitung bilden eine separate Sicherheitszone. Das dazugehörige Vorzimmer verfügt über interne Zugänge zu den Leitungsebenen. Nutzungen und Nebenräume ohne Tageslichtbedarf wie Lager- und Archivräume, Sanitärbereiche, Kopier- und EDV-Räume sind im schlichten Gebäudekern mit klarer, eckiger Kantenführung untergebracht.

Identität und Atmosphäre:
Das neue Corporate Design der deutschen Auslandsvertretungen umfasst ein Material- und Farbspektrum, das geprägt ist von einem ausgewogenen Verhältnis aus kühlen und warmen Farben, harten und weichen Oberflächen sowie technischen und natürlichen Materialien – mit dem Ergebnis eines harmonischen Gesamtbildes.

Im Innenraum dominieren die Farben Weiß, Beige und Grau in unterschiedlichen Abstufungen sowie großflächige Verglasungen, die sowohl den Charakter von Offenheit und Gemeinschaft durch Transparenz verstärken als auch die funktionale Trennung von öffentlichem und gesichertem Bereich optisch aufheben. Nussholz, technisch anmutendes Metall, weiche Textilien und warme Gelbtöne setzen in dem kühlen Farbkanon kontrastreiche Akzente. Die einheitlich weiß gehaltene Decke nimmt sich gestalterisch zurück, sodass die verschiedenen Materialien der Möbel- und Wandoberflächen im Vordergrund stehen. In Bereichen mit erhöhten Schallschutzanforderungen sorgt eine hochwertige Akustikdecke für eine ausgewogene und angemessene Raumakustik mit der nötigen Diskretion und Sprachverständlichkeit. Der grau-beige changierende Teppichboden ist in den einzelnen Clustern, Freiflächen und Nebenräumen unterschiedlich gestaltet und bewirkt damit ein abwechslungsreiches Erscheinungsbild auf der gesamten Fläche. Die öffentlichen Bereiche und die Flurzonen heben sich durch ihre hellgraue Teppichbodenfarbe von den einfarbig dunkelgrauen Teppichfliesen der gesicherten Kanzleibereiche ab. Innerhalb der Flurzone und auf den Freiflächen weisen stellenweise abstrakte Bodengrafiken auf Nutzungen hin oder dienen der Kennzeichnung von Diskretionszonen im Schalterbereich der RK-Visastelle. Der Kontrast zwischen den runden Eckausbildungen der Cluster und der klaren Kantenführung des Gebäudekerns, kennzeichnet die Formensprache der deutschen Auslandsvertretung, die sich in der losen Möblierung und der Akzentbeleuchtung wiederfindet.