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hirner & riehl architekten

Kloster St. Anton

Bei dem Bauwerk handelt es sich um die Umnutzung, Neustrukturierung und Sanierung des Kapuzinerklosters St. Anton in München Kapuzinerstrasse, direkt gegenüber dem berühmten Ensemble des Alten Südlichen Friedhofes. Der Gebäudekomplex aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, der für mehr als 100 Klosterbrüder gebaut war, hatte sich für die wenigen noch ansässigen Klosterbrüder als zu groß und zu aufwändig im Unterhalt erwiesen.
Die Planung für das Umbau- und Sanierungskonzept sah folgende neue Nutzungen vor:

1.    Das Institut zur Förderung des publizistischen Nachwuchses (IFP) mit folgenden Einrichtungen: 24 Gästezimmer mit Rezeption, Küche und Speisesaal, Fernseh- und Hörfunkstudios, Seminarräume, Bibliothek, Meditationsraum sowie die gesamte Verwaltung des Instituts.
2.    Das Pfarrzentrum mit Pfarrsaal, Jugend- und Seniorenräumen und einer Mutter- Kindgruppe im Seitenflügel und in den wiederaufzubauenden Gartenhäusern.
3.    Den Kernkonvent der Kapuziner mit 5 Appartements sowie Gästezimmer, der sich jetzt im ehemaligen Pfarrbüro befindet.
4.    Ein neues Pfarrbüro wurde in den ehemaligen Drittordenssaal an der Kapuzinerstrasse eingebaut.
5.    Das Anfang des 20 Jahrhunderts angebaute Langhaus der „Schmerzhaften Kapelle“ wurde zum TV-Studio des IFP umgebaut. Das Herz des Klosters, die  Rotunde der „Schmerzhaften Kapelle“ wurde in eine Werktagskapelle umgestaltet.


Der Kapuzinerorden ist ein Bettelorden in der Nachfolge des Heiligen Franz von Asissi. Die Klosterbauten hatten nicht, wie bei anderen Orden, Repräsentationsaufgaben zu erfüllen; Großzügige Räume und prunkvolle Ausstattung sucht man hier vergebens. Im Gegenteil: da die Baumaterialien zum Großteil erbettelt worden waren, wurde  mit einfachsten Mitteln gebaut. Die Bausubstanz befand sich in entsprechend schlechtem Zustand.

Die architektonische und ingenieurtechnische Aufgabe bestand darin, den Charakter dieser bescheidenen Architektur zu erhalten und gleichzeitig die Vorstellungen und Anforderungen eines modernen Medienunternehmens sowie einer aufgeschlossenen Pfarrei und Ordensgemeinschaft zu erfüllen. Neben den denkmalpflegerischen Auflagen bestanden extrem hohe Anforderungen an Brand- und Schallschutz sowie die technische Ausstattung (Studiotechnik, Serverräume, Gästezimmer mit gewohnten Komfort).

Die wenigen nach außen sichtbaren Eingriffe in moderner Architektursprache spiegeln die Bescheidenheit des ehemaligen Bettelordens wieder und zeigen dabei die Möglichkeiten der  Weiterentwicklung einer historischen Gebäudestruktur für zeitgemäße Anforderungen.

Zur Konstruktion:

Der historische Dachstuhl von 1870 konnte zu etwa 75% erhalten werden; er wurde in Teilbereichen umgebaut bzw. für die neuen Lasten verstärkt.
Über dem Seitenflügel wurde der Dachstuhl mit Leimholz erneuert und der neuen Nutzung (Pfarrsaal mit großer Spannweite) angepasst.
Die Deckenbalken konnten ebenfalls weitgehend erhalten werden; Die Auflager wurden verstärkt und ein Überbeton eingebracht (Holz-Verbunddecke).
In der ursprünglich zweibündigen Anlage lagen die sehr kleinen Klosterzellen rechts und links eines dunklen Flures. Um Übersichtlichkeit und Helligkeit zu verbessern, bei gleichzeitiger Erhaltung der Grundstruktur des Klosters, wurden auf der einen Seite dieses Flures alle Zellen entfernt. An Stelle des ehemaligen Mittelflures wurden dann die Bäder für die Gästezimmer eingebaut. Die Möblierung dieser Gästezimmer wurde der Tradition einer Klosterzelle folgend sehr einfach entworfen und entwickelt sich aus einem einzigen „gefalteten“ Möbelstück.
Fast alle historischen Fenster konnten erhalten werden und wurden nur überarbeitet. Moderne –  die neue Nutzung demonstrierende - Eingriffe in die Fassade wurden nur an den neuen Zugängen und im Bereich des Speisesaales vorgenommen.
Die Gartenhäuser und Remisen wurden abgebrochen und in Anlehnung an die historischen Vorbilder modern erneuert.
Beheizt wird das Gebäude mittels einer niedertemperaturgeführten Wandheizung. Diese wird über eine Pelletsheizung gespeist; Spitzenlasten werden durch eine Gasheizung abgedeckt. Für das Warmwasser wurde eine thermische Solaranlage auf einem nicht einsehbaren Dachbereich errichtet.
Die Situierung eines TV-Studios im ehemaligen Langhaus der Schmerzhaften Kapelle erforderte den Einbau zusätzlicher innenseitiger Schallschutzfenster vor den barocken Stahlfenstern sowie den statisch und schallschutztechnisch überaus schwierigen Einbau einer Schallschutzdecke unter dem historischen Gewölbe. Hier befindet sich jetzt auch ein Teil der Medientechnik und die Lüftungsanlage.

Wichtigstes gestalterisches Ziel für den Bauherren, die Architekten, die beteiligten Ingenieurbüros sowie die Denkmalpflege war es dabei immer, diese notwendige, aber sehr aufwändige Technik für die Nutzer nicht sichtbar werden zu lassen, damit der klösterlich - meditative Charakter nicht gestört wird.