Zurück zum Profil
Levin Monsigny Landschaftsarchitekten

Kolonnadenhof der Alten Nationalgalerie Museumsinsel Berlin

Foto: Claas Dreppenstedt
Foto: Claas Dreppenstedt
Gebäudekategorie
Plätze, Spielplätze
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2010
Architektenpreis
Internationaler Realisierungswettbewerb: 1. Preis
Februar 2001
1. Bauabschnitt des öffentlichen Raumes auf der Museumsinsel Berlin

Museumsinsel Berlin
– Freiflächen der UNESCO-Welterbestätte

Die Vision Friedrich Wilhelms VI. wird endlich Realität: Die alte Spree-Insel mit ihren bedeutenden Sammlungen entwickelt sich zu einer „Freistätte für Kunst und Wissenschaften“. Nach Instandsetzung und Ergänzung der prächtigen Bauten auf Basis des „Masterplanes Museumsinsel“ werden ihre Freiräume – teils große Höfe, teils schmale Gassen – vollständig öffentlich begehbar sein. Inmitten der Metropole Berlin entsteht ein Areal mit stimmungsvollen Orten, die zum Verweilen und Flanieren, zum Träumen und Entdecken einladen.

Die Außenanlagen werden in zwei Kategorien gegliedert, die unterschiedlichen gestalterischen Regeln folgen: Straßenräume als verbindende Elemente der Stadt sowie Freiräume der Insel als „Orte der Entrückung“.
Der Straßenraum wird in Geometrie, Material und Ausstattung ortsüblich und funktional hergestellt. Die Freiräume der Insel werden demgegenüber aus einem einheitlichen Naturstein belegt – dem Grundgestein der Insel. Alle erforderlichen Einbauten entwickeln sich aus diesem Stein, kommen gleichsam aus ihm hervor – so auch die Vegetation.
Diese Differenzierung gewährleistet einen klar wahrnehmbaren Zusammenhalt der unterschiedlichen Freiräume auf der Insel. Der homogene Belag aus Naturstein bildet eine ruhige Grundfläche, auf der die unterschiedlichen Museumsarchitekturen in ungestörter Individualität zur Geltung kommen. Darüber hinaus entsteht gerade durch diese eindeutige Differenzierung genügend Gestaltungsspielraum, um dem Charakter und der Bedeutung der einzelnen Teilflächen gerecht zu werden. So entsteht der Skulpturengarten im Kolonnadenhof der Alten Nationalgalerie (Fertigstellung 2010), der steinerne Ein-gangshof mit dem Neubau der James Simon-Galerie (Fertigstellung 2013) sowie die Freiflächen um das Pergamonmuseum (Fertigstellung 2027).

Kolonnadenhof der Alten Nationalgalerie
Wie kaum ein anderer Freiraum wird der Kolonnadenhof von Architektur geprägt. Nicht nur seine Raumkanten werden von einzigartigen Bauwerken definiert, auch sein Zentrum wird durch ein solches besetzt. Fast zwangsläufig ergaben sich mit der Entstehung dieses Ensembles auch die wesentlichen Grundzüge der Gartenanlage. Sie finden sich wieder im ersten Entwurf von 1874, in der realisierten Form von 1880 (Planung: Tiergartendirektor Eduard Neide) sowie in den Ver-einfachungen aller folgenden Jahrzehnte. Dies wird auch künftig so sein: manifestiert durch die im neuem Glanz erstrahlenden Nationalgalerie, der wieder entstandenen Kubatur des Neuen Museums und dem vervollständigten Rahmen der Kolonnaden.

Der Entwurf für den Kolonnadenhof muss den Ansprüchen an einen stark frequentierten, innerstädtischen Freiraum genügen und gleichzeitig der Bedeutung der unter Denkmalschutz stehenden Gartenanlage gerecht werden.
So entwickelt sich die Gliederung von befestigten Flächen und Grünflächen unmittelbar aus der ursprünglichen Grundrissfigur des Hofes. Weiterhin kommt dem Umgang mit erhaltener Bausubstanz eine große Bedeutung zu: Der zuvor eingelagerte Vierpaßbrunnen wurde wieder vor der Freitreppe der Nationalgalerie aufgebaut. Die verbliebenen Bronzeskulpturen wurden - wie schon in der alten Gartenanlage - entsprechend ihrer Wirkung in den Grünflächen verteilt, die „Amazone“ von Louis Tuaillon sogar an ihrem originalen Standort. Noch vorhandenes Plattenmaterial der ursprünglichen Anlage wurde wiederverwendet und mit der historisch ortsüblichen Steinart Schlesischer Granit ergänzt.

Innerhalb dieses Rahmens bildet jedoch sowohl die Ausformulierung der befestigten Flächen als auch der Charakter der Vegetation eine neue Interpretation der ursprünglichen Ausgestaltung:
Wenn auch in den unterschiedlichen Schlagungen als Kleinpflaster bzw. als großformatige Platten nachgezeichnet, wird die Höhendifferenz zwischen Fahrbahn und Gehweg aufgehoben und nun zwi-schen Gehweg und Vegetation verlegt. Auf diese Weise werden sämtliche befestigten Flächen barrierefrei dem „Flanieren und Lustwandeln“ gewidmet.
Zwischen den Wegen wächst Vegetation aus der Fläche hervor. Mit dem Thema Positiv-Negativ differenziert die Figur der Pflanzung den Verlauf der Nationalgalerie zu den seitlichen Flächen am Neuen Museum sowie entlang der Spree. Was im Zentrum geschnittene Buchsbaumscheiben auf einer Rasenfläche sind, wird seitlich zu einem gleichmäßig niedrigen Pflanzenteppich – wiederum aus Buchsbaum – mit geometrischen Aussparungen. Unterschiedliche Sorten dieser Gehölzart lassen ein subtiles Spiel in den Grüntönen entstehen. Der aromatische Duft seiner Blätter erfüllt die Luft und entführt den Besucher in arkadische Welten. In den Aussparungen bilden Efeu und bodendeckende Stauden den Untergrund für Skulpturen und Bäume.  Sie erzeugen weitere Variationen in Blattform und -farbe. Gleichzeitig kontrastiert ihr über die Jahreszeiten gestaffelter Blütenaspekt spannungsvoll zur Strenge der geschnittenen Flächen.
Die fein abgestimmte Höhenentwicklung in der Vegetation gibt der Fläche des Kolonnadenhofs eine räumliche Differenzierung, ohne sich in den Vordergrund zu stellen. Durch den Verzicht auf jegliche zusätzliche Ausstattung sowie die Ausformulierung einer homogenen Gartenanlage bildet der Kolonnadenhof ein stimmungsvolles Umfeld für die einzigartige Architektur der Museen und eine ruhige Grundfläche für die Bronzeskulpturen der Alten Nationalgalerie. Der Kolonnadenhof ist ein öffentlicher Skulpturengarten im Zentrum Berlins.

Das Beleuchtungskonzept für Freiflächen und Gebäude basiert auf dem Realisierungswettbewerb von 2001 und wurde mit dem Büro Conceptlicht, Traunreut realisiert. Die Museumsbauten werden allseitig durch ein neutralweißes Licht angestrahlt und so in ihrer jeweiligen Materialität körperhaft dargestellt –  vergleichbar dem Mondlicht. Architektonische Akzente wie Säulengänge und Kolonnaden werden durch eine warmweiße Lichtfarbe hervorgehoben und in ihrer Tiefe betont. Die Beleuchtung der Freiflächen zeichnet den Grundriss der Gartenanlage nach. Die Leuchtmittel sind weitestgehend in Architektur und Einbauten integriert, ihre Strahlungsgeometrien vermeiden die Blendung von Besuchern und Passanten. Die Beleuchtungsstärken sind auf ein Minimum reduziert, um die Dunkelheit als eine atmosphärische Qualität der Museumsinsel zu erhalten.

Bauherr: Stiftung Preußischer Kulturbesitz, vertreten durch das Bundesamt für Bauwesen und Raum-ordnung