Zurück zum Profil
Pichler & Traupmann Architekten

City Life Rehrlplatz

Ort
Salzburg
Gebäudekategorie
Wohn-, Geschäftshäuser
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2011
Mit dem schönsten Absatz dieser Ausschreibung, enthalten im städtebaulichen Gutachten des Magistrat Salzburg, zu Recht zitiert in der Stellungnahme der Sachverständigenkommission, wollen wir unseren Erläuterungsbericht beginnen:

„Das Gebiet des „Äußeren Stein“, wo sich Fels und Wasser nahekommen und sich die Besiedlung fast ängstlich auf eine Hangstraße zurückzieht, hat die Künstler der Romantik immer wieder herausgefordert, diesen Gegensatz künstlerisch zu gestalten. Die latente Gefahr des Elementes Wasser spielt dabei eine Rolle, aber auch die spürbare Harmonie von Wasser, Wiesen und Bewohnern der schmalen Gasse. Die Villen des Späthistorismus auf den neu gewonnenen Bauplätzen, die mit moderner Technik dem Fluss abgerungen worden waren, sind frei von dieser Bedrohung durch das Wasser, die auf den alten Ansichten immer noch spürbar ist. Was an Sicherheit gewonnen wurde, ging aber an existenzieller Spannung verloren – (…) das Erleben von Natur war Vergangenheit geworden.“

Unserem Einstieg in den Entwurfsprozess ging eine Analyse der vor Ort wirksamen Bezüge und Richtungen voraus, und zwar sowohl der materiellen als auch immateriellen. 3 Richtungen prägen das Gebiet:

1.    Die dominante Achse der Karolinenbrücke

2.    Die Falllinie des Kapuzinerbergs – zugleich die Normale zur Arenbergstraße

3.    Die Blickrichtung zur Festung Hohensalzburg

Durch diese drei Richtungen wird ein wirksames Beziehungsnetz, ein gestaltgenerierendes Feld über unser Betrachtungsgebiet gespannt.

Die ersten beiden, faktisch raumprägend vorhanden, stehen deutlich wahrnehmbar in unmittelbarer Konkurrenz zueinander. Gleichzeitig bietet diese Konkurrenz die Chance, die abrupt endende Achse der Karolinenbrücke in Richtung Kapuzinerberg umzulenken und so den bisher uneingelösten Anspruch zur Fortführung dieser Achse obsolet werden zu lassen. Die Dominante verzweigt sich im räumlichen Geflecht der Richtungen des neuen Projektes und löst sich schließlich in den Furchen und Kanten des dahinterliegenden Berges auf.

Die Blickrichtung zur Festung schreibt sich als immaterielle Achse in das Gefüge ein und ist vor allem für die bisherigen Bewohner der Häuser an der Arenbergstraße und der zukünftigen der neu zu errichtenden Wohnhäuser von Bedeutung.

Das geforderte Bauvolumen ist nun im Entwurfsprozess diesem zuvor beschriebenen Beziehungsnetz unterworfen worden. Dabei sind unter ausschließlicher Zuhilfenahme – von wenigen, lokal begründeter Ausnahmen abgesehen – der oben angegebenen Richtungen Baukörper quasi „zurechtgeschliffen“ worden, um einerseits den Konflikt der Richtungen zu lösen und andererseits Blickkorridore freizulassen. Größe und Anzahl der so zu bearbeitenden Baukörper sind mit Bedacht auf die verträgliche städtebauliche „Körnung“ und als Vermittlung zwischen der Größe der freistehenden Villen des Späthistorismus und der engen, kleinmaßstäblicheren Agglomeration der mittelalterlichen Häuser gewählt. Gleichzeitig soll die Dominanz des spät errichteten Unfallkrankenhauses gebrochen werden, ohne auf dessen Maßstab Bezug nehmen zu müssen.

Dass bei diesem Prozess scheinbar indeterminierte Baukörper, Objekte des „Dazwischen“ oder „floating objects“ entstanden sind, die im weitesten Sinne Assoziationen an gestrandete Schiffe oder gelöste Felsen hervorrufen können, scheint uns von großer Bedeutung zu sein, da wir zum Eingangszitat zurück kommen, das von den Gegensätzen Fels und Wasser sowie Bedrohung und Verlust existentieller Spannung spricht.

Der zweite konstituierende Gedanke des Entwurfs entwickelt sich aus dem vorhandenen Niveauunterschied zwischen Dr.-Franz-Rehrlplatz und Arenbergstraße, der derzeit durch eine gut frequentierte Freitreppe im Nordosten überwunden wird. Unter Beibehaltung und Integration dieser Stiege in das bauliche Gefüge wird vom Niveau der Anschlussstelle an die Arenbergstraße ein neues, öffentlich begehbares Plateau Richtung Rehrlplatz vorgeschoben, das als zentrales Element eine zusätzliche Stiegenanlage enthält, die die neu geschaffene Erweiterung des Dr.-Franz-Rehrlplatzes mit dem neuen öffentlichen Plateau samt Anschluss an die Arenbergstraße verbindet.
Neben der verbindenden Funktion im Stadtraum gewährleistet das Plateau die Erschließung der Wohnhäuser sowie der Flächen für Büros und Arztpraxen und überdeckt zur Gänze die stadträumlich wenig attraktiven Zonen der vierspurigen Verkehrs- bzw. Tiefgaragenerschließung, der Anlieferung und diverser Nebenflächen.
Des weiteren finden unter diesem Plateau zum öffentlichen Straßen- und Platzraum hin die neuen, weitläufigen Geschäftsflächen Raum.

Durch das Zurückweichen der Baukörper am südlichen Ende des Bauplatzes wird ein artikulierter Freiraum als Erweiterung des Dr. Franz Rehrl – Platzes geschaffen.
Dieser Bereich versteht sich als aktive, urbane Zone für FußgängerInnen und PassantInnen, die von der neuen Bushaltestelle bis zum Haupteingang des Unfallkrankenhauses aufgespannt ist. Sie wird aktiviert durch Einblicke in die zweigeschossige, zentrale Halle der Geschäftsflächen, durch die Situierung der Apotheke an prominentester Lage, durch das Cafe mit zugehörigem Freibereich, durch das öffentliche Foyer der Geschäftsflächen samt Lifterschließung zu Untergeschoß, Tiefgarage und dem zuvor beschriebenen öffentlichen Plateau mit Anschluss an die Arenbergstraße, durch den neuen Aufgang zu demselben, durch Einblicke in einen zu den Geschäftsflächen gehörigen Tiefhof und durch eine Reihe platzgestalterischer Elemente, die zum Verweilen einladen. Der neu geschaffene Platz wird vom Zubringer- und Anrainerverkehr samt Rettungszufahrt lediglich im Sinne des Konzepts vom „shared space“ überquert.

Die Materialität des Projekts entwickelt sich aus der Physiognomie der Baukörper: Deren „harte“ Kanten, die zum Unfallkrankenhaus gewandt sind und sich aus der Platzebene des Plateaus „herausfalten“, sind ebenso wie dieses mit hellen, sandgestrahlten Betonelementen verkleidet. Deren „weiche“ Kanten, die sich mit dem Grünraum im Westen verzahnen sowie Aussicht und Westorientierung bieten, sind mit 3-Scheiben-Isolierglasfassaden verkleidet, die in unterschiedlicher Dichte weiß bedruckt sind, um auf die unterschiedlichen Raum- und Funktionsanforderungen dahinter reagieren zu können.

Die Assoziation moosbewachsener Felsstücke wird in den begrünten Flachdächern der Baukörper spielerisch weiterverfolgt und verstärkt – neben einem poetischen Anspruch – im Aufblick von oben damit auch real die Einbindung der neuen Baumassen in die Umgebung der vorhandenen Naturlandschaft.

Baurechtlich wird unser Ansatz durch die Anordnung einer Baufluchtlinie an den Verkehrsflächen sowie direkt an der Grundstücksgrenze im Osten, kurzen Abschnitten geschlossener Verbauung im Nordosten bzw. im Südwesten, sowie über die Einhaltung der Abstandsregel mittels abgetreppter Baukörper im Westen ermöglicht.


Jahr: 2011
Projekt Ort: Salzburg (AT)
Nutzung: Mischnutzung (Büro, Wohnen, Geschäfte)
Bauherr: AH Projektentwicklung GmbH, Salzburg
Leistungsumfang: geladener Wettbewerb
Projektteam: Pichler & Traupmann Architekten ZT GmbH
Mario Gasser
Sandy Panek
Wolfgang Windt
Planungsbeginn: 2011
Nutzfläche: 12.472 m²
Umbauter Raum: 79.244 m²
Renderings/Fotos: Pichler & Traupmann Architekten
Modell: Martin Murero, Wien
Preis: 3. Preis