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Rohdecan

Quartier am Alten Kohlebahnhof

Neubau Bürogebäude
Visualisierung LINDENKREUZ EGGERT
Visualisierung LINDENKREUZ EGGERT
Ort
Dresden
Gebäudekategorie
Büro und Verwaltung
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2026
Material Fassade
Metall
Architektenpreis
1. Preis Einladungswettbewerb
Das neue Quartier auf dem Gelände des alten Kohlebahnhofs in Dresden wird den bedeutendsten Schnittpunkt auf der städtebaulichen Entwicklungsachse entlang der Freiberger Straße besetzen. Die Dresdner Innenstadt wird mittelfristig mit dem Stadtteilzentrum Löbtau verbunden. Im Schnittpunkt mit Bahnviadukt und dem 26er-Ring entsteht am Bahnhof Freiberger Straße ein neuer Stadteingang mit verdichteten Quartiersstrukturen. Mit dem Hochpunkt an der Südostecke des neuen Quartiers entsteht ein neuer Orientierungs- und Blickpunkt für die südliche Wilsdruffer Vorstadt der den Stadtraum der inneren Freiberger Straße im Westen visuell abschließen wird. So muss die architektonische Fassung des Neubaus sowohl im Quartiersmaßstab als auch auf die Ferne wirken. Das betrifft auch den Stadtraum entlang der Bahntrasse bestehend aus dem Viadukt und seinen Verlauf begleitender ‚Sonderlinge‘. Die Bahnbögen stehen im Zentrum der Stadtentwicklung und mausern sich zusehends von einem Ort der Abkehr zum zentralen Identitätsraum der westlichen Innenstadt. Der Neubau markiert hier also einen wichtigen Knotenpunkt und reiht sich zwischen markante Landmarken wie Hauptbahnhof, WTC, Kulturkraftwerk, Großmarkthalle und Yenidze.

Aus dieser prominenten Stellung im stadträumlichen Kontext leitet sich die Entwurfsstrategie für die Strukturierung von Baukörper und Fassung ab. Der Baurahmen wird für das Gebäude maximal ausgeschöpft um einen markanten Solitär auszubilden. Dieser wird durch eine fein differenzierte, gitterartige Struktur gegliedert. Vertikal baut sich das Raumgerüst in drei Teilen auf: Sockel, Schaft und Krone. Zweigeschossige Arkaden mit sich verjüngenden Pfeilern geben dem Gebäude Stand und öffnen es zugleich zum Stadtraum. Zum neuen Stadtplatz sind die Pfeiler 1,50m tief ausgebildet und deuten einen Bogengang vor der erdgeschossigen Ladeneinheit an. An der zweigeschossige Krone ergänzen Fachwerkstreben die Gitterstruktur und verleihen ihr eine expressive Gestalt und Halt für die freistehende Umfassung der Dachterrasse..

Für diesen Ort ohne bauliche Prägungen und Spuren, nährt sich der Genius Loci aus technischen Infrastrukturen in direkter Umgebung (Strom-, Fahrdrahtmasten, Bahnviadukt) und aus einem größeren Wirkungszusammenhang entlang der Bahnstrecke geprägt durch markante technoide Bauwerke, von den feingliedrigen Hallen des Hauptbahnhofs über die Glas-Stahl-Architekturen Ammonhof und WTC, die fabrikhafte Corten-Stahl-Welt des Kulturkraftwerks bis hin zur ornamentalen Kuppelkrone der Yenidze. Mit seiner feingliedrigen Aluminiumfassade reiht sich das neue Büro- und Geschäftshaus bestimmt aber unprätentiös in diese Abfolge.

Der blass-resedagrüne Farbton zitiert gerne die Farbigkeit der Masten und Brüstungen am Viadukt und nutzt deren Präsenz für die Inszenierung einer kohärenten und kraftvollen Atmosphäre an diesem Ort. Dadurch wendet sich der Neubau zum Viadukt und bekennt sich zu dessen stadträumlichen Potentialen. Das gute Verhältnis das die Wiener zu Otto Wagners Stadtbahn haben, die neben den zuckrigen Haltestellenpavillons vor allem durch ihre technischen Bauwerke zur Identität der Stadt beiträgt, kann eine gute Blaupause für die weitere Entwicklung Dresdens sein.

Hinter der schützenden Metallfassade wird die Gebäudestruktur in Form eines hölzernen Regals ersichtlich. Im Sinne der derzeitigen Entwicklungen der Bautechnik insbesondere im Hinblick auf die dringend notwendige Nachhaltigkeit des Bauens wird das Gebäude in einer modularen Holzhybridbauweise errichtet. Die Tragstruktur mit sichtbaren Stützen und Balken entwickelt sich dabei in Einheit mit der Achsstruktur der Büronutzung und dekliniert sich bis in die Fassadentaktung und die Systematik der technischen Infrastruktur des Gebäudes. Leitungen, Konvektoren, Akustikbaffeln, Leuchten und Jalousien ordnen sich sichtbar und ästhetisch in die Gesamtstruktur.

Für das Freiraumkonzept der Blockfugen wird aus dem Begriff des Alten Kohlebahnhof ein Materialkonzept entwickelt. Es hat weniger zu tun mit dem Bahnhof an sich als mit dem Material Kohle. Carbonisiertes Holz an Fassaden, Schwarzer Klinker als Wege, Schwarzer Vulkansand im Spielplatz erzählen hier die Geschichte weiter. Statt blutroter Schnittwunden sind es nun schwarze Kohleflöze die sich beim Auseinanderdriften der Schollen auftun. Unterstützt wird der Eindruck durch das leichte Anheben der Gärten, wodurch eine feine Hierarchie und räumliche Spannung zwischen privaten und halböffentlichen Flächen entsteht. In den offenen Fugen ziehen sich die schwarzen Flöze an den Brandwänden empor. In den geschlossenen Fugen indes klemmen von den Außenkanten eingerückte Kohlestücke oder Briketts zwischen den Solitärbaukörpern.

Zusammenarbeit:

INNIUS GTD GmbH (TGAFachplanung)
Architekturbüro Dr. Spindler (Brandschutzplanung)
LINDENKREUZ EGGERT (Visualisierung)