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Ulrike Brandi Licht

Das Licht für die Elbphilharmonie in Hamburg

Foto: Michael Zapf
Foto: Michael Zapf
Ort
Hamburg
Gebäudekategorie
Theater, Opernhäuser, Konzertsäle, Kinos
Bauvorhaben
Neubau
Jahr der Fertigstellung
2017
Material Fassade
Glas
Das Licht für die Elbphilharmonie in Hamburg
Die Elbphilharmonie in Hamburg ist nicht nur herausragende Architektur, sondern auch ein komplexes Lichtkunstwerk. Es verbindet Poesie und Glamour mit handfestem Pragmatismus. Gemeinsam mit Herzog & de Meuron ist die Hamburger Lichtplanerin Ulrike Brandi für das Konzept verantwortlich.
Nicht nur die Akustik und die Architektur, auch das Licht in und an der Elbphilharmonie soll nach dem Willen der Stadt Hamburg allerhöchsten Ansprüchen genügen. Deshalb wurde dafür die international renommierte Designerin Ulrike Brandi engagiert. Sie entwickelte zusammen mit Herzog & de Meuron ein besonders zurückhaltendes Licht-Konzept, das für Würde und Feierlichkeit sorgt, zugleich aber der Architektur den Vortritt lässt. „Die Architektur der Elbphilharmonie ist stark genug“, erklärt Ulrike Brandi, „deshalb wollten wir kein Nebenspektakel mit dem Licht eröffnen. Das Kunstlicht ist dienend und arbeitet mit einfachen optischen Prinzipen“.
Aus diesem Ansatz heraus erklärt sich, dass auf Strahler für eine nächtliche Illumination verzichtet wurde. In der HafenCity ist ausreichend Streulicht aus der Umgebung vorhanden. Dadurch ist das Konzerthaus ohne eigene Strahler auch nachts gut sichtbar. Dies gilt auch für den gemauerten Sockel, der nur mit kleinen Fenstern versehen ist. Das Lichtkonzept entspricht überdies dem Bundesemissionsschutzgesetz, das sich auch auf Lichtverschmutzung bezieht. Die HafenCity ist Wohngebiet. Die Lichtemission der Elbphilharmonie ist so eingestellt, dass die unmittelbare Umgebung nicht überblendet wird.
Besondere Licht-Akzente setzen die Lücke zwischen dem alten und neuen Gebäudeteil sowie die großen Bögen, die in die Fassade hineingeschnitten sind. Sie sind abends ausgeleuchtet und rhythmisieren das Bild. Tagsüber tragen sie Tageslicht tief in das Gebäude hinein.
Bei der gesamten Planung wurde darauf geachtet, dass der Himmel, das Wasser und das Panorama der Stadt auch von Innen erlebbar sind. Das heißt, auf der Plaza oder in den Foyers ist es nie so hell, dass der Blick nach draußen behindert wäre.
Ein spektakuläres Lichterlebnis findet sich gleich hinter dem Eingang über der Rolltreppe. Das Licht in dem 80 Meter langen Tunnel ist feierlich. Es wird von den Wänden und der Decke in den Raum reflektiert, wobei glänzende Punkte im matten Putz wie Pailletten auf Abendkleidern schillern. Diese Installation bildet den Auftakt für einen festlichen Abend. Eine Besonderheit ist, dass die Leuchten in dem Tunnel unten angebracht sind, verdeckt seitlich neben den Treppen. Das sorgt nicht nur für interessantes, indirektes Licht, sondern ist auch praktisch für die spätere Wartung – in dem Tunnel können schwerlich Leitern oder Gerüste aufgestellt werden.
Auf der Plaza kommt das Kunstlicht von der Decke. Diese reflektiert das Licht aus kugelförmigen Leuchten, aber es gibt Zonen unterschiedlicher Lichtintensität, wie an einem bewölkten Himmel. Die runden Leuchten findet man überall im Haus, sie werden aber unterschiedlich eingesetzt. Mal zu Rhomben gruppiert, mal „zufällig“ über Flächen verteilt. Sie sind so etwas wie ein musikalisches Grundmotiv, das sich in Variationen immer wiederholt. So entsteht auch beim Licht Harmonie, ohne dass es monoton wird.
Insgesamt wurden nach Plänen von Ulrike Brandi über 3400 Leuchten installiert. Speziell für das Projekt entworfen und hergestellt sind die 750 Glaskugelleuchten auf der Plaza, 650 mundgeblasene Glaskugelleuchten für den großen Saal sowie 750 lineare Leuchten für das Foyer. Diese gehen an der Decke rund um den Konzertsaal strahlenförmig aus, eine symbolisch aufgeladene Positionierung, die ein besonderer Wunsch der Architekten war: Der Saal als strahlende Mitte des gesamten Gebäudes.
Im Saal selber unterstreicht die Beleuchtung die Erhabenheit des hellen, großen Raums. Sie betont zudem die Terrassierung der Ränge, indem die Kugelleuchten unter deren Decken angebracht sind, während die Brüstungen nicht beleuchtet sind. Das sogenannte Microshaping der Wände, das für die Akustik angelegt wurde, hält für die Optik spielerische Effekte bereit. Die Beleuchtung mit ihren vielen kleinen Lichtpunkten betont die gewellte und unregelmäßige Struktur.
Weiterhin erhielt der akustische Reflektor an der Decke auf seiner Oberseite Lichter. Diese strahlen das Gewölbe darüber an. Es hätte andernfalls wie eine dunkle Höhle gewirkt. Auf der Unterseite des Reflektors ist Bühnenlicht montiert. Weitere Bühnenscheinwerfer sind hinter einem Schlitz in der Decke diskret zurückgenommen.
Ein integraler Bestandteil der Lichtplanung sind die Fenster, die durch tausende von Punkten wie gepixelt aussehen. Ihr Raster dient dem Sonnenschutz. Anders als bei dem üblichen Sonnenschutzglas wird das Licht hier aber nicht über die gesamte Fensterfläche gleichmäßig gefiltert. Je weiter am Rand, desto dichter wird der Lichtschutz, in der Mitte ist der Blick dafür frei. Durch diese Gewichtung wirkt die Fassade lebendiger und der Blick nach außen ist interessanter. Die Punkte sind nach außen silbrig beschichtet, damit sie das Sonnenlicht reflektieren. Auf einer anderen Schicht gibt es Punkte nach innen, die schwarz sind und Reflektion ausschließen. Sie stellen sicher, dass man hinausschauen kann und dabei nicht geblendet wird. Zugleich nehmen die runden Punkte das feierliche Paillettenmotiv auf, das schon im Tunnel und bei den Kugellampen zu finden ist.
Ulrike Brandi ist eine international renommierte Lichtplanerin mit Büro in Hamburg. Sie hat von Kuala Lumpur über Dubai bis London über 800 Projekte der Innen- und Außenbeleuchtung realisiert, darunter die Beleuchtung des Hamburger Rathauses, das Terminal 2 des Münchner Flughafens, der Bahnhof Rotterdam Centraal, der Masterplan für das Britische Museum in London sowie das Mercedes Benz Museum in Stuttgart.

Text: Christian Tröster

www.ulrike-brandi.de