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kister scheithauer gross

Sanierung und Erweiterung des Stadtarchivs, Halle

Ort
Halle
Gebäudekategorie
Kultur, Kunst und Design
Bauvorhaben
Umbau
Jahr der Fertigstellung
2004
Material Fassade
Mauerwerk
Architektenpreis
Deutscher Natursteinpreis 2009; Auszeichnung zum Architekturpreis Sachsen-Anhalt 2007
Sanierung und Erweiterung des Stadtarchivs Halle

Stadtarchiv
Der Bestandsbau des Stadtarchivs Halle, der 1884 ursprünglich als Sparkassen-gebäude errichtet wurde, befand sich vor der Baumaßname in einem mangelhaften Zustand. Aus Platzmangel stapelte sich das Archivmaterial der städtischen Ämter und der Eigenbetriebe in den Büroräumen bis unter die Decke. In einigen Räumen herrschten klimatische Bedingungen, die das Archivmaterial auf Dauer gefährdet hätten (Tageslichteinfall, starke Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen usw.).
Im Zuge eines Investorenwettbewerbs an der Nord-Ost-Ecke des historischen Marktplatzes in Halle ergab sich die Gelegenheit, die bauliche Situation des Stadtarchivs entscheidend zu verbessern. Nach den Plänen des Architekturbüros kister scheithauer gross Köln/Leipzig, wurde das bestehende Stadtarchiv saniert und gleichzeitig erweitert, indem auf der Nachbarparzelle ein Neubau errichtet wurde.
Der fast fensterlose Neubau wird dazu genutzt, die klimatische Situation für die Lagerung des Archivmaterials zu optimieren. Durch die Auslagerung der Archiv-bestände konnte im Altbau eine großzügigere und verbesserte räumliche Situation für die Büros der Archivverwaltung und die öffentlichen Lese- und Versammlungsräume geschaffen werden.
Neben der Optimierung der klimatischen Bedingungen sollte auch das Ziel verfolgt werden, die späteren Betriebskosten zu minimieren. Deshalb wurde in Anlehnung an das Kölner Stadtarchiv ein klimatisches Konzept, das sog. Kölner Modell“ entwickelt. Bei dieser Baukonstruktion wird auf eine teure Vollklimatisierung der Räume verzichtet. Die geforderte Raumtemperatur, Luftzufuhr und –feuchtigkeit wird ausschließlich durch den konstruktiven Wandaufbau und eine natürliche aber kontrollierte Lüftung erreicht.
Die Fassade des Bestandsbaus ist in ihrem ursprünglichen Zustand verblieben. Das Material der neuen Fassade - Muschelkalk - orientiert sich an den vorhandenen Gebäuden des Marktplatzes. Backsteineinlagen in den Lüftungs-öffnungen rhythmisieren die Fassade und schaffen mit dem ockerfarbenen Ton einen Bezug zum Altbau.

Kölner Modell
In Anlehnung an das Kölner Stadtarchiv wurde für das Stadtarchiv Halle ein innovatives klimatisches Konzept entwickelt: das sogenannte „Kölner Modell“. Dabei verzichteten die Planer auf eine teure Klimatisierung der Räume. Die ge-wünschten klimatischen Bedingungen werden lediglich durch den konstruktiven Wandaufbau sowie eine natürliche, aber kontrollierte Lüftung erreicht.

Gemäß dem „Kölner Modell“ bestehen die Außenwände aus einem 50 cm starken einschaligen Verblendmauerwerk, das durch seine hohe Rohdichte (> 1800 kg/m3) ein hohes Wärmespeichervermögen aufweist. Dieser Aufbau lässt einen Wärme- bzw. Kältepuffer entstehen und sorgt dadurch für eine gleichmäßige Raumtemperatur. Eine 2 cm breite, hohlraumfrei vermörtelte Innenfuge im Massivmauerwerk gewährleistet, dass selbst bei starkem Schlagregen kein Wasser durch die Mauerfugen in den Innenraum dringt. Zusätzlich ist die Außenwand zur Reduzierung der sommerlichen Wärmespitzen mit hinterlüfteten Natursteinen verkleidet.

In der Gebäudehülle sitzt eine Vielzahl von Holzklappen. Sie schaffen eine konstante Luftfeuchtigkeit innerhalb der Archivräume und vermeiden zugleich, dass Tageslicht ins Archivinnere einfällt. Um einen spontanen oder zu hohen Luftwechsel zu vermeiden und damit den Schutz der Archivalien zu sichern, werden die Klappen sensorisch gesteuert. Im Zusammenspiel mit Klimamessgeräten werden sie je nach Bedarf elektronisch gesteuert geschlossen.
Im laufenden Betrieb zeigt sich, dass im Stadtarchiv Halle ein sinnvolles Konzept zur Klimatisierung entwickelt wurde. Es ist gelungen, mittels einer intelligenten Baukonstruktion auf eine Vollklimatisierung zu verzichten und dennoch die klimatischen, ökonomischen und ökologischen Randbedingungen zu optimieren.