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Günter Pfeifer

Aussegnungshalle Maulburg

Bauherr:
Gemeinde Maulburg

Architekten:
Günter Pfeifer + Assoziierte


Die Raumdisposition bildet ein Kontinuum unterschiedlicher Räume, das von der Dialektik des Drinnen und Draußen geprägt ist. Gestaltungsmittel sind die Materialität und die Behandlung des Lichts. Diese Arbeit beschäftigte sich mit der Frage, warum Räume und Materialien in der Lage sind, Einfluss auf uns zu nehmen und uns zu „beunruhigen“ (G. Bachelard). Grundlage hierfür ist die Wirksamkeit besonderer Wahrnehmungsstrukturen aufgrund von „Phänomenen unserer Leiblichkeit“ (G.Boehme). Das drückt sich in der Komposition der Freiräume aus: Der Aufgang entlang des anonymen Gräberfeldes, die beiden flankierenden Höfe, die mit unterschiedlichen Bodenmaterialien und Raumkonditionen operieren. Die Aussegnungshalle ist vom Tageslicht geprägt, das in der Raumstruktur spürbar wird. Die dreiseitig angeordneten Lichtschächte stellen die Wände in mildes Licht. Die nördliche Stirnwand erfährt über ein Oberlicht und eine Reflexionswand eine spürbar hellere Stimmung. Der nach außen fast vollständig geschlossene Baukörper wirkt im Inneren subjektiv heller als draußen. Die umgebende Pergola konzentriert den Blick auf die Höfe. Die Anlage ritualisiert den Weg des Toten in das Licht um den von einer Wasserrinne gesäumten steinernen Hof. Alle Elemente des Raumes sind sorgfältig gestaltet: Stahltüren mit den sichtbaren Verbrennungsspuren des Fertigungsvorgangs, die Stühle und Bänke in Erlenholz mit spürbar handwerklichen Verbindungen, die Betonwände in Sichtbeton mit sichtbaren Schalspuren. Schwellen und Übergänge wurden besonders herausgearbeitet. Das Stahlkreuz, das den Raum bestimmt, ist aus einer Stahlplatte herausgetrennt, die als deutlich spürbare Bodenplatte in den Trauerweg eingearbeitet wurde. In der Summe aller Teile ist hier ein Ort entstanden, an dem die gegenseitigen Abhängigkeiten und die Phänomene der Leiblichkeit für jeden unmittelbar spürbar werden.


Fotos: Francesca Giovanelli, CH-Birr